Sicher Reisen in Kolumbien oder: Wie man seine Papayas schützt

20131003-142650.jpg

„Warum muss es denn unbedingt Südamerika sein?“ Meine Familie ist wenig begeistert, als ich zum ersten Mal von meinen Sabbatical-Plänen berichte. „Und dann auch noch Kolumbien, und das allein!“ Zugegeben, dieses Land ist nicht unbedingt berühmt dafür besonders sicher zu sein. Drogenkartelle, Guerillakämpfer und Überfälle sind normalerweise die ersten Assoziationen, die kommen. So ziemlich jede Verabschiedung in Deutschland enthält ein besorgtes „Pass auf dich auf!“ oder ein nettes Witzchen über meine bevorstehende Geiselnahme durch die Guerillas. Meine ebenfalls blonde Chefin Donata meint, dass Leute wie wir stark auffallen und ganz besonders vorsichtig sein müssen. Aber wie funktioniert das mit dem Aufpassen? Ein paar Gedanken nach einem Monat in Südamerika.

Kenne den Weg und geh nicht allein! Eigentlich ist es nur ein knapper Kilometer von meiner Unterkunft in Bogotá bis zur Touristenattraktion Monserrate (ein Aussichtspunkt, von dem aus man einen fantastischen Blick auf die Stadt hat) So ganz wohl fühle ich mich nicht; so als einziger Fußgänger am Rande der Schnellstraße. Auch die Wohnungen am Hügel sehen etwas improvisiert aus. Plötzlich hält ein Motorrad mit zwei Polizisten neben mir. Sie sprechen Spanisch mit mir „¡Este lugar no es seguro! Vamos a acompañarle.“ Dieser Ort ist also nicht sicher. Sie begleiten mich die restlichen 200 Meter bis zu meinem Ziel. Na toll! All die guten Ratschläge und Warnungen und dann das. Ich bin von mir enttäuscht. Auf dem Rückweg hangele ich mich von Grüppchen zu Grüppchen um bloß nicht allein zu sein. War Kolumbien vielleicht doch keine so gute Idee?

„No dar papaya!“ In Kolumbien gibt es eine Redensart, die sagt, dass man keine Papaya geben soll. Man soll Wertvolles nicht leichtfertig zur Schau stellen. Ich bin mit Doña Patricia, der Tochter des deutschen Bromelienkönigs Don Franz, unterwegs in ihrem SUV durch Bogotá. Sie ist eine große Hundeliebhaberin und spricht perfekt Spanisch und Deutsch. Außerdem ist sie eine Frohnatur, die permanent lacht. So heftig, dass es fast unmöglich ist Fotos zu machen auf denen ihr Mund nicht in einer witzigen Position geöffnet ist. Mit ihr fühle ich mich sicher. Wir stoppen in einem vegetarischen Restaurant zum Mittagessen. Wie immer war die Parkplatzsuche nicht trivial und wir stehen etwas abseits vom Restaurant. Als wir das kochende Gemüse bereits riechen können, beschließt sie den SUV nochmal umzuparken. Es dauert keine Minute, da ist sie zurück. Aufgelöst und mit Tränen in den Augen. Das Autofenster wurde aufgebrochen. Ihr Rucksack wurde geklaut. Ohne groß darüber nachzudenken, hatte ich meinen mit ins Restaurant genommen, so dass ich nicht betroffen bin. Es ist bereits das dritte Mal, dass ihr hier der Rucksack gestohlen wurde. Ich versuche zu trösten. Mit mäßigem Erfolg. Unser Mittag lassen wir uns einpacken, um später auf einer sicheren Landstraße zu picknicken. Das Auto im Blick. Die Redensart „no dar papaya“ wird Patricia an diesem Tag hassen lernen, denn jedes Familienmitglied, wird ihr ausführlichst erklären, warum man niemals Wertgegenstände im Auto liegen lassen darf. Es dauert noch einen Abend, bevor Patricias fröhliches Lachen wieder auf Fotos zu sehen sein wird.

20131003-142839.jpg

Meine größte Papaya hat 32 Gigabyte Speicher, eine 5 Megapixel Kamera und ein Retina-Display mit 3,5 Zoll Bildschirmdiagonale. Sobald ich mein iPhone zum Fotografieren hervorhole, verändert sich meine Umwelt. Straßenverkäufer beginnen mit Amigo-Sprech-Chören und versuchen mir so lange ihre Produkte anzubieten, bis ich sie mit einem sehr bestimmten „No Gracias“ stoppe. Also keine Fotos machen? Um das ganze mal in Perspektive zu bringen, kann man sagen, dass Smartphones in der kolumbianischen Mittelschicht ähnlich häufig vorkommen, wie bei uns. Außerdem habe ich in meinem Leben noch nie so viel Polizei wie hier gesehen. Auf touristischen Plätzen, beim Spaziergang am Pier, im Internetcafé, beim Training der Fußball-Jugendmannschaft: Überall blitzen die neongelben Uniformen. Kolumbien bemüht sich seit Jahren um Tourismus und gilt inzwischen in den Touri-Ecken als deutlich sicherer als zum Beispiel Brasilien.

Sei selbstbewusst! – Die für mich überraschendste Erkenntnis zum Thema Sicherheit. In Bogotá lerne ich Miguel kennen. Er ist hier geboren und kennt die Stadt perfekt. Eine Notwendigkeit Kolumbien zu verlassen, sieht er nicht. Hier gibt es schließlich alles. Was nicht ganz falsch ist. Auf Grund der mangelhaften Kreativität der Siedler, gibt es in Bogotá Stadtviertel die Egipto (Ägypten), Canadá, Holanda oder eben Berlín heißen. Miguel kann Kung Fu. Früher ist er häufig überfallen worden. Heute passiert das nicht mehr. Nicht weil er Kung Fu kann, sondern weil er etwas festgestellt hat: „Räuber sind wie Hunde. Sie spüren, wenn du Angst hast.“ Ich erinnere mich an den Labrador von Dona Patricia, der schon den ein oder anderen Mitarbeiter der Bromelienfarm gebissen hat. Man darf „vorsichtig sein“ nicht mit „ängstlich handeln“ verwechseln. Ich bin mir sicher etwas sehr hilfreiches verstanden zu haben.

Rückblickend habe ich den ersten Monat ganz gut gemeistert. Und ja, ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ich meine Papayas noch etwas behalten dürfte.
20131003-142851.jpg

20131003-142819.jpg

20131003-142750.jpg

20131003-142711.jpg

20131003-142738.jpg

Das Beste am Reisen sind all die unerwarteten Begegnungen. Seit meinem Sabbatical in Südamerika reise ich daher mit neuer Mission durchs Leben: "Catching Smiles around the Globe." Wenn Du kein Lächeln mehr verpassen willst, folgst du mir am Besten auf  Facebook oder auf Instagram. ¡Hasta luego amigo!

12 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Pingback: Meine verrückte Route durch Südamerika sabbaticalism

  2. Pingback: Meine verrückte Route durch Südamerika sabbaticalism

Schreibe einen Kommentar