Tanzt Salsa!

20131205-123918.jpg

Anfang November, Cali, 8:00 Uhr morgens in der Küche der ‚Casa Carolina‘,
„Un, dos tres, paso“ Angela hat YouTube auf meinem iPad geöffnet. Ein Musikvideo spielt. Champeta heißt der lateinamerikanische Tanz, den sie Amir versucht beizubringen. Amir hat seinen mobilen Lautsprecher angeschlossen. Schlafen ist jetzt also definitiv nicht mehr möglich. Und das obwohl wir erst gegen zwei Uhr nachts von der Salsa Party zurück in die Casa Carolina gekommen sind. Die Casa Carolina ist kein Hostel, sondern vielmehr die Privatwohnung der schönen Carolina. Normalerweise wohnt sie hier nur mit ihrem Mitbewohner Hernan. Da ich nun aber ein Freund von Doña Patricia, einer sehr guten Freundin einer sehr guten Freundin von ihr bin, darf ich hier wohnen. Und da sie die beiden netten Backpacker Ronin und Amir aus Israel, vor ein paar Wochen an der kolumbianischen Karibikküste kennengelernt hat, dürfen sie auch hier wohnen. Und da mal wieder ein verlängertes Wochenende ist, ist eben auch Angela, die Freundin von Hernan zu Besuch (die deutsche Sprache braucht dringend mal ein eigenes Wort für ‚girlfriend‘ und ‚boyfriend‘). Ein bisschen fühlt es sich also an, wie in einem Hostel. Amir und ich haben mit dem Schlafplatz etwas Pech und sind in der Wohnküche gelandet. Und da Angela eine Frühaufsteherin ist beschert sie uns nun den ersten Programmpunkt des Tages. Lateinamerikanische Tänze werden geübt. Champeta, Merenge, Reggaeton oder eben Salsa. Angela hat sich alles mit Hilfe von YouTube Videos selbst beigebracht. Und Amir ist bemüht ihren schnellen Erklärungen zu folgen. Ich sitze auf der Couch, und schlürfe meinen original israelischen Kaffee, den Amir netterweise gebrüht hat.

20131205-124102.jpg
Was war passiert? Warum bin ich nicht auch im Lernfieber? Immerhin gilt Cali als Haupstadt des kolumbianischen Salsa, der hier mit besonders raffinierten Schrittkombinationen getanzt wird. Habe ich etwa die Lust am Tanzen verloren?

Übers Tanzen: Tanzen war für mich immer irgendwie wichtig. Wenn ich als kleiner Junge ein Geschenk zum Geburtstag oder zu Weihnachten bekommen habe, bin ich immer wie wild durch die Wohnung getanzt. Für meine Eltern ein wichtiges Indiz, ob mir das Geschenk auch wirklich gefallen hat. Mit 15 ging es dann mit Peggy und Susan zur Tanzschule Köhler&Schimmel. Während dem Studium hab ich mit Nina auf den berüchtigten Parties unter den Eichen auch zu fast jeder Musik einen drehungsreichen Paartanz improvisiert. Im Auslandsjahr in Miami mit Miriam dann der erste Kontakt mit Salsa. Und immer so weiter im Takt: Im Praktikum in Leipzig mit Birthe; als Neuberliner mit Lotta; auf den Firmenweihnachtsfeiern mit Cati, Rafi und Christine; und zuletzt bei meinen Tango-Gehversuchen mit Sonja. Als ich Anfang 2012 für mich realisierte, dass ich neben der Arbeit mal wieder ein Hobby bräuchte fiel die Wahl daher leicht. Natali (nicht die Nathalie, mit der ich gerade durch Südamerika reise) stellte mir eine Liste mit allen Salsa-Kursen Berlins zusammen und ich war startklar.

Mai 2012, beim Salsa-Kurs der Humboldtuni, in Berlin Kreuzberg
„Dile que no.“ Meine liebe Kollegin Rafi und ich versuchen die Figur nachzutanzen. Wir lernen hier einen speziellen Salsa. Salsa Rueda nach kubanischem Vorbild. Das besondere: die Gruppe steht in einem Kreis und der Tanzleiter ruft eine Figur, die dann alle synchron nachtanzen. Alle Namen sind auf Spanisch. Die Schlüsselfigur ‚Dile que no‘ heißt übersetzt ‚Sag ihr nein‘. Beim Salsa Rueda gibt es häufige Partnerwechsel. Wenn alle synchron tanzen, sieht es richtig gut aus. Rafi ist von dieser Salsa-Art nicht ganz so begeistert. Ich bleibe bis Zum Herbst mehr oder weniger dabei. Dann verschlingt das Spanisch lernen alle meine Zeit. In meinem Sabbatical in Südamerika werde ich das alles noch mal richtig lernen, denke ich mir. Dann hab ich ja auch die Zeit.

20131205-123954.jpg
Oktober 2013, in einem privaten Tanzstudio in Caldas, ein paar Kilometer entfernt von Medellin, Kolumbien,
Ich soll die Schultern mehr rausdrücken und sie zum Rhythmus der Musik bewegen. Aber nicht wild wackeln. Zumindest mein Hüftschwung sitzt. Auch bei Figuren stelle ich mich recht pfiffig an. Esteban ist positiv überrascht. Der Zweiundwanzigjärige hatte wahrscheinlich mit dem schlimmsten gerechnet, als Madeluz ihm erzählt hat, dass ein Deutscher vorbeikommt, der bei ihm Salsa lernen will. (Wir haben nicht unbedingt den Ruf eines Volks der großen Tänzer). Da ich nun schon zwei Wochen in Medellin bin, war ich in Sorge, ob ich, wie ursprünglich geplant, noch ausreichend Zeit für einen Tanzkurs in Cali haben werde. (Mein Kollege Nando aus der Grafik hatte mir einen Kontakt zu einer Tanzschule in seiner Heimatstadt Cali mitgegeben). Daraufhin hatte Madeluz ihren Studienkollegen Esteban kontaktiert und da ich eine gewisse Angst vor dem Transport in Kleinbussen (Colectivos) habe, hatte sie mich auch hierher begleitet. Nun sitzt sie in der Ecke und macht mit meinem Telefon Fotos und Videos im Hochkantformat. Esteban lernt mir einige neue Figuren. „Denk an die Schultern!“ mahnt er noch einmal. Mir fällt es etwas schwer mich zugliech auf die neuen Tanzschritte und auf die Schulterrn zu konzentrieren. Zwei Stunden dauert der Privatunterricht. Und obwohl ich viel neues gelernt habe, freue ich mich auch, als ich mit Madeluz wieder den Heimweg mit dem Colectivo durch den Regen antreten kann.

20131205-124015.jpg
November 2013 in Cali
Die Sonne verlässt die Tanzfläche und macht Platz für eine heiße Salsa-Nacht. Ich habe nun doch keinen vorbereitenden Kurs gemacht und bin entsprechend aufgeregt, ob das mit den Caleñas (den Einwohnerinnen Calis) gut gehen wird…

20131205-124033.jpg
Die Schlange am Tin Tin Deo ist heute überschaubar. Am Eingang stehen Verbotsschilder: Man darf hier keine Instrumente mit hinein nehmen. Und man darf nur paarweise eintreten. Was ein bisschen spießig wirkt, ist einer der angesagtesten Salsa-Clubs der Stadt. Zum Glück sind wir drei Herren und drei Damen. Caro hat zwei Freundinnen mitgebracht. Die eine wirkt etwas streng. Die andere – Alejandra – lächelt konstant sehr fröhlich. Im Tanzsaal angekommen tauschen wir unseren Mindestverzehr gegen eine Flasche Aguardiente, diesen tückischen Zuckerrohrschnapps ein. Und dann werden auch schon die ersten Damen ganz klassisch zum Tanz aufgefordert. Es wird ernst.

Dame Nummer 1 – Carolina: Ich tanze mit Caro. Es ist ein braver Tanz. Ich hatte zuvor gelernt, dass man im kolumbianischen Salsa nicht ganz so viel dreht und so halte ich mich zurück. Sie ist mit ihren Gedanken bei einem der beiden Israelis. Der Tanz verläuft ohne größere Patzer. Ich bin mit dem Einstieg zufrieden.

Dame Nummer 2 – die etwas strengere Freundin: Sie hat eine klare Vorstellung in welcher Folge der Tanz richtig ablaufen sollte und ist somit eine größere Herausforderung für mich. Sie ist eine der Frauen, die man nach links drehen will und die dann doch rechts herum drehen. Auch wenn sie auf Grund meiner mangelnden Schrittkenntnis nicht ganz auf ihre Kosten kommt, bleibt auch dieser Tanz ohne größere Patzer. Ich tanze zwar nicht die richtigen Schritte, aber irgendwie funktioniert es dann trotzdem.

Dame Nummer 3 – Alejandra
Die lächelnde Alejandra will auch mit mir tanzen. Sie bewegt sich wie eine Feder im Wind. Bei jeder Drehung wird ihr Lächeln noch etwas fröhlicher. Es ist ein bisschen so, als würden zwei Kinder herumtollen. Keiner meiner Schritte entspricht dem, was ich gelernt habe. Zumindest nicht absichtlich. Und gerade das macht mir Spaß. Und Alejandra irgendwie auch. Meine Schultern und meine Hüfte bewegen sich selbstbewusst zum Rhythmus. Und wer weiß, vielleicht stimmen sogar ein paar Schritte. Einige Latinos schauen interessiert zu uns rüber, während wir fröhlich weiter tanzen.

8:15 Uhr morgens, wieder in der Küche der ‚Casa Carolina‘,
Inzwischen ist auch Carolinas Mitbewohner Hernan vom Frühsport zurückgekommen und tanzt mit seiner Freundin Angela. Es sieht schön aus, wie sie sich passend zu den Klängen des YouTube Videos bewegen. Und richtig. Aber für den Moment habe ich keine Lust mich von ein paar wenigen mühsam erlernten Figuren einschränken zu lassen. Ich will tanzen! Am liebsten komplett ohne Regeln.

20131205-124125.jpg

20131205-124148.jpg

20131205-124203.jpg

P.S.: diese Geschichte dürfen nur die Damen liken oder teilen. 😉

Next: Die letzte Folge vor der Weihnachtspause. Sie heißt „Heimat“ und spielt an einem ungewöhnlichen Ort. Und aus besonderem Anlass erscheint sie am Sonntag, dem 4. Advent

TIPP: Wenn Du ganz sicher gehen willst, keine Folge zu verpassen, gefällt dir ganz bestimmt meine neue Facebook-Seite 🙂 https://www.facebook.com/sabbaticalism

Das Beste am Reisen sind all die unerwarteten Begegnungen. Seit meinem Sabbatical in Südamerika reise ich daher mit neuer Mission durchs Leben: "Catching Smiles around the Globe." Wenn Du kein Lächeln mehr verpassen willst, folgst du mir am Besten auf  Facebook oder auf Instagram. ¡Hasta luego amigo!

6 Kommentare Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar