Catching Smiles around the Globe

20131115-104321.jpg

Eigentlich beginnt meine Reisegeschichte durch Südamerika gar nicht mit dem großen Sabbatical, wie viele Leser bisher annahmen. Sondern bereits sechs Monate vorher, mit einer Art Test-Sabbatical. Ursprünglich wollte ich nämlich schon viel früher auf die große Reise gehen. Da aber wichtige Projekte anstanden, schlugen meine Chefs vor, dass ich in einem längeren Urlaub erstmal teste, ob das mit dem Reisen auf diesem wilden Kontinent überhaupt etwas für mich ist. Und während Deutschland den sonnenärmsten Februar seit über 40 Jahren erlebte, reiste ich gemeinsam mit meinem sehr guten Freund und ehemaligen Mitbewohner Gordian in den Sommer Südamerikas.

Jeder Schüler braucht einem Meister. Er ist für mich was Obi-Wan Kenobi für Luke Skywalker ist. Als Reisejournalist kennt er die Welt und das Reisen. Ich will zwei Stunden vorher am Flughafen sein. Er lacht nur entspannt, und meint, dass eine Stunde vorher schon reichlich ist. Ich will die Hostels vorher übers Internet buchen. Das macht man nicht! Zu Hostels fährt man einfach hin, lässt sich das Zimmer zeigen und entscheidet dann. Seine Tipps zum Fliegen: Als letzter einsteigen, damit man sieht, ob irgendwo vielleicht noch ein besserer Platz frei ist. Außerdem: Wenn das Essen vorbei ist, fragen, ob es noch eine Portion gibt. So kommen wir jedenfalls ausgeschlafen und satt in Südamerika an. Wir reisen vier Wochen durch Argentinien, Uruguay und Brasilien. In Argentinien haben wir über seine Connections den zusätzlichen Luxus eines individuellen Reiseleiters. Niko, ein sehr guter Freund von Gordian aus seiner Zeit in Köln ist vor kurzem nach Buenos Aires ausgewandert. Er organisiert für uns eine Privatunterkunft bei echten Argentiniern und einen Kurztripp ins mystische Patagonien.

Zwei besonders wichtige Lektionen lerne ich von meinem Reisemeister Gordian, ohne die es kein Sabbaticalism geben würde.

Lektion 1: Man braucht eine Aufgabe!
auf einem Aussichtsturm in Colonia del Sacramento, Uruguay.
Zu diesem Zeitpunkt sind wir bereits drei Wochen unterwegs. Also genau die Zeit, die ein längerer Urlaub normalerweise dauern kann. Es war bisher alles toll. Rio war berauschend, Buenos Aires wild, die Wanderungen durch Patagonien idyllisch und die Gastfreundschaft unserer neuen argentinischen Freunde überwältigend. Unser Reiseführer listet die historische Altstadt von Colonia als eines der Top Sehenswürdigkeiten des Kontinents. Ein weiteres Highlight! Wir schauen herunter auf die hübschen bunten Häuser, sehen Palmen, Meeresrauschen im Hintergrund. Und plötzlich sagt einer von uns diesen Satz der unseren Gefühlszustand in diesem Moment perfekt zusammenfasst: „Irgendwie hätten drei Wochen auch gereicht.“

Irgendwie ist unsere Fähigkeit sich über Neues zu freuen, abhanden gekommen. Was tun? Wir haben noch eine knappe Woche wertvoller Urlaubstage vor uns. Vielleicht ein stärkerer Reiz? Montevideo, die Hauptstadt von Uruguay, soll einen ganz besonderen Charme haben. Oder noch schnell zu den Iguazu Wasserfällen. Die sollen größer und noch beeindruckender sein als die Niagara-Fälle. Mit dem Nachtbus könnten wir morgen Mittag dort sein. Wir entscheiden uns dagegen.

20140108-134803.jpg
Im Reiseführer finden wir die mit wenigen Zeilen beschriebene Kleinstadt Carmelo in die wir fahren. Es ist Nebensaison. Wir sind die einzigen Touristen und werden von den Einheimischen nicht beachtet. Tagsüber sind wir auch die einzigen Badegäste am lokalen Baggersee und abends essen wir in einem der wenigen Restaurants, die noch geöffnet sind. Wir kommen zur Ruhe und Gordian erzählt mir von seinen längeren Reisen: „Als ich in Afrika war hab ich für einen Fernsehsender gearbeitet und zum Abschluss eine Reportage gedreht. In Indien war ich mit meiner Schwester auf der Suche nach ihren Wurzeln.“ Man braucht also eine Aufgabe! Als ich im März nach Deutschland zurückkomme, fange ich an zu überlegen, was diese Aufgabe sein könnte: Freiwilligenarbeit in einem sozialen Projekt? Ein Praktikum in irgendeinem Medienunternehmen? Ich entscheide mich für zwei Dinge: Sprache lernen und mal wieder schreiben.

20140108-134838.jpg

Lektion 2: Catching Smiles around the Globe!
Gordian hat eine besondere Fähigkeit. Während ich anfangs stark dazu neige mein Smartphone als Informationsquelle für die Welt um mich herum zu benutzen, stürzt Gordian sich lieber waghalsig in Gespräche mit den Leuten, die ihn gerade umgeben. Sein Französich ist sehr gut, aber sein Englisch ist nicht unbedingt perfekt. Und sein Spanisch und sein Portugiesisch sind eher Fantasiesprachen. Er modifiziert Französisch einfach so, dass es zu einem Teil so klingt wie die Leute hier sprechen und zum anderen Teil irgendwie lustig.

20131115-104536.jpg
an einer Saftbar in Rio de Janeiro,
Während es frische Säfte in Deutschland mysteriöser Weise nur an Bahnhöfen gibt, kann mann sie hier an jeder Ecke kaufen. Warum wir ausgerechnet die Saftbar zu unsrer Stamm-Saftbar gemacht haben, die so wirkt, als würde sie von ehemaligen Knastbrüdern in einem Wiedereingliederungsprogramm betrieben werden, leuchtet mir zwar nicht ganz ein. Aber Gordian findet das glaube ich witzig und ich dann irgendwie auch ein bisschen. Er freut sich wieder bestellen zu dürfen. Zwei Kaffee mit ein ganz bisschen Milch und ohne Zucker. Und zwei große Fruchtsäfte. Mango für Gordi und Maracuja für mich. Und wie eigentlich immer, wird das keine normale Bestellung, sondern der Anfang eines zauberhaften kleinen Konzerts, einer Saft-Sinfonie:

„Döööschsch Cafeee“ Gordis Lippen stülpen sich entenhaft nach vorn,
„Com Läääche. Um Pocinhititito“ Daumen und Zeigefinger werden zusammengefügt und bilden eine Art Zauberstab,
„Nao Azuuucar“ Begleitet von ein heftigen Tusch der rechten Handfläche,
So langsam beginnt der Zauber auf das umliegende Obst überzuspringen,
„Suuuco Mangooo!“ Der Zauberstab richtet sich auf das Mango-Quartett,
Fröhlich wie eine Horde tobender Kleinkinder hüpfen sie zum Saftmixer,
„Suuuucoooo Maracujaaaa!“ die edelsäuerliche Maracuja schwebt sanft zum Mixer,
umd mit einem breiten Lächeln und der Intonation eines ungestümen Ponys ergänzt Gordi:
„GRANDE“
Jetzt sind auch die anderen Früchte aus dem Häuschen,
Die Ananas schüttelt ihr Haupthaar,
Die Bananen drehen schwindelerregende Pirouetten,
Die Guanabana kreischt ihren in Deutschland unbekannten Namen freudig in die Welt hinaus,
Wäre das ein Disney-Film würden alle Beteiligten zur Melodie des Mixer zu Singen beginnen,
und schließlich stehen auf der Theke zwei leckere Fruchtsäfte,
mit einem gelächelten „ObrigaDUU“ beendet der Meister die große Saftsinfonie,
Die Cupuaçu, die Açai-Beerchen und die anderen Gäste aus dem tropischen Regenwald applaudieren,
und noch etwas Magisches ist passiert:
Der grimmige Mann hinter der Theke schmunzelt.

6 Monate später, im meiner Berliner Wg
Heute ist meine Abschiedsparty. Am Freitag war mein letzter Arbeitstag und nächsten Donnerstag geht mein Flieger nach Rio de Janeiro. So langsam weicht das entspannte Gefühl von Freiheit einer gewissen Aufregung. Zumal ich immer noch keine Holzkohle fürs Grillen auf unserer Terrasse habe. Wer konnte schon ahnen, dass die Discounter Anfang September ihr Sortiment von Grillbedarf auf Christstollen umstellen. Wahrscheinlich denken einige der Gäste, dass wir hier regelmäßig wilde Parties feiern und haben entsprechende Erwartungen. Das ist mit Anfang 30 dann aber doch nicht mehr so.

ein paar Stunden später,
Die Party läuft. Die Stimmung ist ausgelassen. (Einzig die Tatsache, dass einer der Nachbarn ohne Ankündigung den Fahrstuhl angehalten hat, nervt etwas, da einer der Partygäste im Rollstuhl angereist ist). Nathali hat zum Glück den Grillpart übernommen. Ich finde es bei diesen Parties immer wieder faszinierend, wie sich Freunde aus den verschiedensten Freundeskreisen mischen. Vielleicht sollte man doch viel häufiger feiern. Ich schlendere durch den Korridor, der morgen sehr gründlich geputzt werden muss, als mich plötzlich meine Arbeitskollegen und Freunde Nathali, Rafi, Frieda, Marek und Daniel aufhalten. Es gibt ein Abschiedsgeschenk: Eine Survival-Dose mit vielen nützlichen Utensilien für den Abenteurer. Dazu eine Fotomontage (es ist halt schon super praktisch wenn man einen Grafiker als Kollegen hat). „Gregor Jones und der Kreuzzug nach Südamerika“ steht da drauf. Der Kopf von Indiana Jones ist mit einem Foto von mir mit meiner nagelneuen Hipster-Brille ersetzt. Ich überlege … Irgendwie ist das ganz schön albern…. Es gefällt mir. Daraus könnte noch eine ganz brauchbare Geschichte werden…

20140108-134609.jpg

Über Sabbaticalism: Sabbaticalism soll euch nicht mit Palmenbildern neidisch machen und wird euch auch keine Reisetipps für Orte geben, wo ihr vielleicht doch nie hinfahrt. Sabbaticalism ist mein Versuch das festzuhalten, was mich auf dieser Reise am meisten bewegt. Das Schöne, das Überraschende und eben auch das Alberne. Und wenn es gelingt, dass jemand ehrlich lächelt, ist das wie die Einleitung zu einer neuen Geschichte.

Und mit einem Lächeln und einer Brise Quatsch wird aus dem E-Mail-Schreiberling Gregor T. der abenteuerlustige Reiseschriftsteller Gregório Jones

Aus der App-Managerin Nathali B. wird die Vollblut-Spanierin Nathli Maria
Verdaguer
Aus der Mobil-Expertin Rafaela R. wird die unerschrockene Abenteuerin Rafi Croft
Aus dem Grafiker Daniel B. wird der Leichtathletik-Champ Daniel Bolt
Aus der Praktikantin Friederike D. wird die schlaue Verlagschefin Frieda Springer
Aus Teamleiter Marek B. wird wieder der wilde Rockstar Marêk Knopfler
Aus dem Kommentier-Virtuosen Frieder B. wird der smarte Captain Frieder Picard
Aus dem Wahlmünchner Mirko L. wird der Frauenschwarm und erste Offizier Mirko Ryker
Aus dem treuen Oliver K. wird der pfiffige Meisterkoch Oliver Jaimie
Aus Gesundheits- und Krankenpflegerin Franziska V. wird die Chefärztin Franziska House
Aus der Designerin des Sabbaticalism-Logos Jasmin H. wird die verführerische Kommissarin Jassi Folkerts
Aus Medienfrau Regina L. wird die Fußball-Ikone ‚Kaiserin‘ Regina Beckenbauer
und aus der angekommenen Nadine H. wir wieder die Weltenbummlerin Nadine Crusoe

Und was wird aus Dir?

20131115-104352.jpg

20131115-104418.jpg

20131115-104439.jpg

20131115-104518.jpg

20131115-104642.jpg

20131115-104700.jpg

20131115-104745.jpg

 

Und noch mal ganz vielen Dank an alle Leser fürs Liken meiner Facebook Page! 🙂

Das Beste am Reisen sind all die unerwarteten Begegnungen. Seit meinem Sabbatical in Südamerika reise ich daher mit neuer Mission durchs Leben: "Catching Smiles around the Globe." Wenn Du kein Lächeln mehr verpassen willst, folgst du mir am Besten auf  Facebook oder auf Instagram. ¡Hasta luego amigo!

14 Kommentare Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar