Posieren erlaubt. Anfassen verboten!
Am Morgen in einer Schildkröten-Aufzuchtstation auf San-Cristóbal, Galapagos,
„Nicht zu nah kommen, sonst erschrecken sie sich!“ Meine Reiseleiterin mahnt zur Vorsicht, damit mein Erinnerungsfoto mit Galapagos-Riesenschildkröte auch wirklich facebook-tauglich wird. Wenn eine Schildkröte Angst hat, zieht sie ihren Kopf ein.
Heute ist mein zweiter Tag auf den Inseln. Ich mache eine organisierte Inseltour. Wir haben am viel zu frühen Morgen bereits den Ausblick vom höchsten Punkt der Insel genossen. Nun sind wir in einer Schildkröten-Aufzuchtstation. Im Gegensatz zu den Seelöwen dürfen die Riesenschildkröten nicht ganz so frei herumtollen. Vor Jahren wurden Hauskatzen auf die Inseln gebracht. Für diese wiederum sind die Eier der Schildkröten eine Delikatesse. Die Park Ranger sind nun damit beschäftigt die Eier während der Brutzeit zu finden, damit die Babyschildkröten in einer Brutkammer sicher schlüpfen können.
Als wir die Station verlassen, treffe ich wieder auf den Ecuadorianer Juan, mit dem ich gestern die Insel auf eigene Faust erkundet hatte. Im Gegensatz zu mir macht er keine organisierten Touren. Ein Taxi hat ihn her gebracht. Ich beneide ihn eine bisschen um diese Freiheit. Er ist der „Seelöwe“, während ich die schutzbedürftige „Riesen-Schildkröte“ bin.
Mittagspause unter Beobachtung
Etwas später am Traumstrand Puerto Chino,
Wir haben uns ein schattiges Plätzchen am Strand gesucht. Wenige Meter neben uns schnarcht ein Seelöwe. Unsere Reiseleiterin reicht uns das Lunchpaket. Es gibt Reis mit Hühnchen. Dazu eine Cola. Eigentlich ist unsere Reiseleiterin Literatur-Lehrerin. Sie vertritt ihren Mann, der sich den Fuß gebrochen hat. Torismus ist ein lohnendes Gewerbe auf den Inseln.
Während des Essens werden wir von oben beobachtet. Eine Gruppe hungriger Darwin-Finken hat sich auf den Ästen der umliegenden Bäume platziert. Sie gieren nach unserem Reis. Die Finken haben ihren Namen von Forscher Charles Darwin. Der entdeckte, dass die gleiche Vogelart auf Grund von unterschiedlicher Nahrung auf jeder Insel andere Schnabelformen entwickelt hatte. Ein Eckpfeiler seiner Evolutionstheorie. Ich frage mich was die versehentlich herunterfallenden Reiskörner wohl mit den Schnäbeln der Vögel anstellen werden.
Begegnung unter Wasser
Frisch genährt geht es ins Wasser. Ich hatte mir dafür extra Schnorchel-Equipment ausgeliehen. Juan ist auch wieder da. Sein Taxifahrer hatte gemeint, dass es heute Strömungen gibt. Im Gegensatz zu vielen Südamerikanern können wir Deutsche in der Regel gut schwimmen und schnorcheln. Ich ignoriere die Warnungen und schwimme los. Die Bucht ist im Vergleich zu der von gestern arm an Fischen und Korallen. ich schwimme weiter raus, um vielleicht doch noch etwas zu sehen.
Ich bin schon eine gutes Stück vom Ufer entfernt, als ich plötzlich in irgendetwas fasse und meine Hand zu brennen beginnt. Vielleicht hätte ich doch nicht so weit hinaus schwimmen sollen. Weit und breit ist niemand und dennoch fühle ich mich beobachtet. Ich werde wohl besser zum Strand zurück schwimmen. Ich drehe mich um. Und tatsächlich. Direkt neben mir ist etwas. Und dieses Mal ist es kein Seelöwe.
Es ist meine erste Begegnung mit einer riesigen Wasserschildkröte. Sie mustert mich. Sie ist ein Einzelgänger. Genau wie ich in diesem Moment. Wir schwimmen ein Stück zusammen. Es hat etwas meditatives. Ich atme wieder ruhiger durch meinen Schnorchel. Ihr Blick fühlt sich freundschaftlich an. Wäre ich an Land, würde ich mein Smartphone zücken und ein Selfie von uns beiden knipsen. Aber wir sind Unterwasser. Der letzte undokumentierte Fleck meines Sabbaticals. Und so ziehen wir ein paar Bahnen gemeinsam, um schließlich wieder getrennte Wege zu gehen.
Am nächsten Morgen auf der Hauptinsel Santa Cruz,
Ich musste sehr früh aufstehen um die Fähre auf die Hauptinsel zu nehmen. Betäubt von meiner Pille gegen Seekrankheit konnte ich glücklicherweise etwas schlafen. Santa Cruz ist viel touristischer als San Cristóbal. Meinen neuen Reisekumpan Juan werde ich leider erst auf der nächsten Insel wieder treffen. Benommen laufe ich über neugepflasterte Wege. Nur, um dann doch wieder von kleinen Wunder mitgerissen zu werden.
Mir bleibt noch etwas Zeit bis zur nächsten organisierten Tour und so mache ich einen Abstecher in die Darwin Forschungsstation. Alle Landschildkröten werden hier in Gehegen gehalten. Irgendwie langweilt mich das plötzlich. Jeder Zaun zerstört die Faszination der Natur nah sein zu können. Galapagos hat es jetzt schon geschafft Zoobesuche für mich dauerhaft zu ruinieren.
Lonesome George – der einsame George
Ich stehe vor dem leeren Gehege von Lonesome George. Genau wie bei den Darwinfinken, gibt es auch bei den Galapagos-Schildkröten verschiedene Unterarten und George war der letzte seiner Unterart. Alle Paarungsversuche mit verwandten Schildkröten-Arten scheiterten. Und so starb er im Sommer 2012 im Alter von ungefähr 100 Jahren als letzter seiner Art.
Fotoshooting mit den Riesenschildkröten
Am nächsten Morgen in einem Taxi,
Der Taxi-Fahrer macht mir einen fairen Preis für die Fahrt zur Schildkröten-Farm Rancho Primicias. Ein Vorteil vom Reisen in Gruppen ist, dass man sich solche Kosten teilen kann. Zu schade, dass Juan nicht dabei ist. Ich komme mit dem Taxifahrer ins Gespräch. Er verrät mir, dass das Moos welches hier an den Bäumen hängt früher als Weihnachtsschmuck verwendet wurde. Und er lobt mein Spanisch. Ein guter Fotograf ist er noch dazu. Ich bin sehr zufrieden. Hier gibt es genug Leute die im Foto festhalten können, wieviel Spaß ich auf den Galapagos-Inseln habe…
Ganz allein am Strand von Isabela
Am Abend des selben Tages,
Ich laufe den Strand von Isabela entlang. Es ist die dritte Insel auf meinem Insel-Hopping-Trip. Der Seegang auf der Fährfahrt hierher war furchtbar. Zum Glück waren die Reisetabletten stark genug. Mein Hotel ist auch in Ordnung. Gegenüber ist ein schickes Hostel mit coolen Backpackern, die Volleyball spielen und surfen. Ich bereue gerade, dass mein Einzelzimmer schon vorgebucht war.
Laut meinem Reisebüro ist Isabela die schönste Insel. Prunkvoll verzierte rote Krabben huschen über den endlosen Strand. Der Sonnenuntergang ist atemberaubend.
Aber ich habe niemandem, mit dem ich das teilen kann. All diese Wunder sehe ich ganz allein. Ich, der letzte meiner Art – der einsame Gregório.
Fortsetzung folgt…
… allerdings erst im neuen Jahr. 🙂
P.S.: Eventuell. Für den Fall, dass ich ganz fleißig bin und Du immer brav geliked, geshared und kommentiert hast, gibt es dieses Jahr noch eine klitzekleine Weihnachtsgeschichte für alle Verfolger der Facebook-Seite
Dein Gregório Jones
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