Meine Tage im Palmtree Hostel (1/2) – Übers Schnorcheln

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„Willkommen im Palmtree-Hostel“ Zwei leuchtende dunkle Augen und ein Lächeln begrüßen mich. Es ist sieben Uhr morgens. Ich bin die ganze Nacht durchgefahren, habe nicht geschlafen und bin entsprechend benommen. „Meine Name ist Madeluz“ Woher kommt eigentlich dieses Leuchten in den Augen der Menschen hier? Es erinnert mich stark an das hiesige Obst. Jeder der schon mal in Südamerika war, wird festgestellt haben, dass eine Ananas und eine Mango plötzlich wie eine völlig andere Frucht schmecken. Viel kräftiger, viel süßer! In den Supermärkten kann man Mandarinen mit grünen Stellen kaufen, die trotzdem so viel saftiger sind, als ihre europäischen Geschwister. Im Vergleich wirkt eine deutsche Obst&Gemüse-Abteilung wie das Sprechzimmer einer Anti-Depressions-Klinik, gefüllt mit moralinsauren, uniformierten Patienten. Madeluz erklärt mir die Küche. Frühstück ist inklusive. Was hier bedeutet, dass ich zwei Eier bekomme, die ich dann selbst zubereiten muss. Dazu gibt es zwei Scheiben Toast, die ich mir mit einer Art Mac-Gyver-Toasteisen über dem Gasherd rösten kann. In meinem benommenen Zustand, erscheint mir die Vorstellung hier jeden morgen zu kochen, etwas anstrengend. Madeluz zeigt mir mein Bett im Schlafsaal, wo Platz für sieben weitere Gäste ist. Zum Glück ist der Raum nur zur Hälfte belegt. Wie lange ich bleiben will, fragt sie mich. „So zwei bis drei Tage“ sage ich automatisiert. Dann schlafe ich ein. Vielleicht ist das mit dem Leuchten in den Augen auch einfach eine Art physikalisches Gesetz. Eine Reflektion der Sonne, die in dunklen Augen besonders deutlich sichtbar ist. Und die selbst dann noch schimmert, wenn die Sonne längst untergegangen ist. In jedem Fall stimmt ein Klischee. Die Menschen hier sind schön.

Besonders gut habe ich nicht geschlafen. Die Matratze war etwas durchgelegen und in meinem Kopf schwirren so viele Reiseeindrücke, dass ich keine Ruhe finde. Sport wäre jetzt prima. Luz (nicht Madeluz), die hier putzt und für den Besitzer des Hostels Don Miguel (nicht zu verwechseln mit Kung-Fu-Miguel) kocht, gibt mir Tipps. Es gibt hier um die Ecke ein Stadion mit Laufbahn, Schwimmbad und Fitnessstudio. Zu bestimmten Zeiten kann man das sogar kostenlos nutzen. Wie mein lieber Kollege Harm aus dem Social-Media-Bereich und mein treuer Workout-Buddy bestätigen könnten, bin ich in Berlin ein regelmäßiger Fitnessstudiogänger. Ich mache mich also auf in den Sportkomplex. Modern ist es hier. Irgendwie hat man das Gefühl nicht in Südamerika, sondern auf dem Campus einer US-amerikanischen Privatuni zu sein. Leider ist auch die Bürokratie auf dem neuesten Stand. „Für Oktober sind wir ausgebucht. Sie können sich für November anmelden.“ So lange wollte ich nun wirklich nicht bleiben. Aber es gibt ja noch ein Schwimmbad. „Sie brauchen eine Badekappe und eine eng anliegende Badehose, keine Shorts!“ Was man nicht hat, kann man im Shop nebenan kaufen. Die Badekappe, für umgerechnet einen Euro hätte ich ja noch investiert (Das Foto für mein Twitter wäre sicher super geworden), aber umgerechnete 25 Euro für diesen hautengen Badeschlüpfer ist mir der öffentliche Badespaß nun doch nicht wert. Also kein Sport!

Im Hostel treffe ich andere Touristen. Sam&Sarah, ein Pärchen aus Belgien, die ich bereits im Bus aus Cartagena hierher gesehen hatte, sind am Kochen. Einer der größten Lagevorteile des Palmtree-Hostels ist seine unmittelbare Nähe zum Supermarkt Exito, eine Art südamerikanischer Wallmart. Sam&Sarah leben den mir noch suspekten Selbstverpflegungsgedanken und haben sich mit allerlei Lebensmitteln eingedeckt. Auch mit Milch und Wasser, die hier lustigerweise in Tüten verkauft werden. Weitere Einkaufskuriositäten: Den Kassenzettel muss man wirklich bis zum Schluss behalten, da er am Ausgang von der Security gecheckt wird. Praktisch ist hingegen, dass es hier so viele Angestellte gibt, dass sie einen mit großer Freude und ganz in Ruhe durch den Markt begleiten, bis man am anderen Ende glücklich die gewünschte Dose Thunfisch in Besitz nehmen kann. Sam&Sarah waren im Gegensatz zu mir schon fleißig und haben touristische Aktivitäten recherchiert. Es gibt hier eine Tour über Pablo Escobar, den einst gefährlichsten Mann Kolumbiens. Der Clou: Am Ende kann man mit seinem noch lebenden Bruder, der ebenfalls Teil des Kartells war, eine Tasse Kaffee trinken. Angeblich alles für einen guten Zweck. Wir sind skeptisch. Isabell, eine Halbbrasilianerin stößt zu unserer Gruppe. Ihre großen Brüder leben und reisen seit Jahren durch Südamerika und sie hat viel gutes über Medellin gehört. Am Endes des Metrocables (eine Art innerstädtische Seilbahn) soll es einen tollen Park geben, wo man einen fantastischen Blick über die Stadt hat und auch wandern kann. Wir beschließen den Park dieses Wochenende gemeinsam zu erkunden.

Übers Schnorcheln: Schön ist das soziale Leben der Backpacker. Wie bei einem Bienenschwarm formen sich kleine Gruppen, die gemeinsam in fremder Umgebung losziehen etwas Neues zu erkunden. „Wo kommst du gerade her? Wo geht’s als nächstes hin?“ Die Gespräche und die Gruppen entstehen mühelos, ja fast automatisiert. Gemeinsam sammelt man so viel Blütenstaub, wie irgendwie möglich. In der Hoffnung dass später genug süßer Honig übrigbleibt um uns trotzt trauriger Obst&Gemüse-Handlungen ein Leuchten in die Augen zu zaubern. Ein bisschen ist unser Bienenschwarm, wie eine Gruppe Schnorchler. Man ist an der sicheren Wasseroberfläche und schaut herunter zu den bunten Korallen und den exotischen Fischen. Man hat alles im Überblick und sieht alles so ein Bisschen. Die perfekte Mischung. Eben alles was man in zwei bis drei Tagen so sehen kann.

Doch was passiert, wenn aus zwei bis drei Tagen, zwei bis drei Wochen werden? Was passiert wenn man tiefer in den Kulissen einsinkt und den ursprünglichen Statisten näher kommt. Wenn man plötzlich zu tauchen beginnt.

Next: Amigos, die Kommentarlage hier (Frieder und die herausragenden Kommentare einiger der ersten Stunde mal ausgenommen) scheint mir noch Entwicklungs-Potential zu haben, daher folgende Social-Media-Maßnahme (Harm, ich hoffe ich mache das nicht verkehrt): Den zweiten Teil der Geschichte (Übers Tauchen) gibt es entweder im Laufe der nächsten Woche. Oder, wenn hier 10 Kommentare von 10 verschiedenen Leuten stehen, sogar schon ab diesem Mittwoch.

Herzlichst

Euer Gregório Jones

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Das Beste am Reisen sind all die unerwarteten Begegnungen. Seit meinem Sabbatical in Südamerika reise ich daher mit neuer Mission durchs Leben: "Catching Smiles around the Globe." Wenn Du kein Lächeln mehr verpassen willst, folgst du mir am Besten auf  Facebook oder auf Instagram. ¡Hasta luego amigo!

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