Bist Du schön genug für Kolumbien?

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Medellin, Kolumbien, Anfang Oktober 2013,
Das ist doch nicht schön, oder? Ich bin ein bisschen geschockt, als ich in meinem Fitnessstudio einen Werbeflyer entdecke, auf dem eine Frau mit einem Sixpack posiert. Mit Bauchmuskeln, wie sie sonst die Männer auf Calvin-Klein-Plakaten haben. Auf dem Weg vom Training nach Hause … ins Hostel meine ich … überlege ich, ob ich irgendeine Schönheits-Trendwende verpasst habe. War es für Frauen nicht einfach immer nur wichtig irgendwie schlank zu sein? Vielleicht liegt die Messlatte bei so vielen schönen Menschen hier einfach noch höher. In der Tat hatte ich im Fitnessstudio Frauen gesehen, die ein deutlich härteres Pensum als viele Männer absolvieren. Im Hostel frage ich Pilar um Rat. Sie ist schön, sie könnte das wissen. Sie meint, dass auf dem Werbeflyer mit Photoshop nachgeholfen wurde. Dann verkündet sie stolz, dass auch sie ein Sixpack hat. Und das ohne Sport. Ihre guten Freundinnen sind entsprechend neidisch auf sie. Sixpack heißt hier übrigens Chocolatina. Nach einer regionalen Schokoladenmarke. In Deutschland nennen wir trainierte Bauchmuskeln wie einen Sechserträger Bier. Und hier orientiert man sich an Schokolade, wobei man die Kolumbianer sicher nicht als Meister der Schokoladenkunst bezeichnen könnte. Was das wohl über die Kultur aussagt?

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Die schöne Pilar aus dem Palmtree-Hostel

Don Felipe, der lange in Deutschland gelebt hat und fast jeden Abend im Hostel ist, bringt eine Freundin mit. Sie hat Liebeskummer. Wir trinken Rum. Sie meint, dass die Männer hier eben so sind. Sie wollen Sixpack, große Brüste und eine großen Po. Viele die nicht mithalten können greifen zu Silikon. Großer Po? Auch das ist irgendwie anders als in Deutschland. Oder? Don Felipe meint, da hätte ich schon in Deutschland nicht richtig aufgepasst.

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Bogotá, Ende Oktober 2013,
Ich treffe Alejandro, den ich auf meiner unfreiwilligen 30-Stunden-Busfahrt an die Küste kennengelernt habe, in seiner Heimatstadt Bogotá. Er will mir als Deutschem beweisen, dass es in Kolumbien auch gutes Bier gibt. Wir sitzen in der Bogotá-Beer-Company und vor mir stehen 4 Probiergläschen. Entweder habe ich meine deutsche Biergeschmacksnerven schon eingebüßt, oder diese kolumbianische Braukunst versteht es einfach nicht zu überzeugen. Ich entscheide mich für das Bier, welches am ehesten nach Wasser schmeckt. Daran hab ich mich nun schon gewöhnt. Dann lenke ich das Gespräch auf große weibliche Pos. Alejandro ist gerade single. Er ist also so etwas wie ein Experte für schöne Frauen. „Magst du große Pos?“, frage ich. Er lacht. „Das ist zu viel hier“, meint er. Dann zückt er sein Smartphone um mir etwas zu zeigen. Gemeinsam blättern wir in einem Online-Unterwäsche-Katalog. Anfangs ohne Erfolg. Tatsächlich ähneln die Models eher dem europäischen Schlankheitideal. Schließlich wird es runder und wir müssen beide etwas schmunzeln. „Das ist noch gar nichts! Früher waren die Models so, dass sie perfekt Bierflaschen auf ihrem Hintern hätten balancieren können.“

Und ich? Bin ich eigentlich schön?

Trotz drei Wochen Fitness-Studio in Medellin hat es leider nicht ganz zum Sixpack gereicht. Definitiv hilft mir aber die Tatsache, dass ich blond bin. Sehr sogar. 🙂 Während ich mit meinem Straßenköterblond in Deutschland nur müde belächelt werde, bin ich hier der Rockstar!

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immer noch Bogotá, jetzt aber Mitte September
Ich bin mit Doña Patricia in der Candelaria, der Altstadt Bogotás, einen Kaffee trinken, als plötzlich eine Gruppe Schulmädchen auf uns zugestürmt kommt. „Una foto por favor“ „Ein Foto bitte“ Ich vermute, dass die Mädchen mich direkt als guten Fotograf erkannt haben. Doch sie wollen ein Foto MIT mir! … Hehe … Ich fühle mich geschmeichelt. Später werden mir die blonden Holländerinnen Wendy&Martha in Salento erzählen, dass ihnen das ständig so ergeht. Das Fotografieren sei immer noch besser als das Anstarren und das mysteriöse Zischeln mancher einheimischer Männer. Dagegen waren meine Schulmädchen brav.

Bogotá (ich war dort länger … und zweimal), wieder Ende Oktober,
Manchmal trifft man an sympathischen Orten ungewöhnliche Menschen. Wie ich mit Richard ins Gespräch gekommen bin, weiß ich auch nicht mehr so genau. Ich hatte, glaube ich, auf das hellblonde Haar (?) gestarrt und plötzlich wurde daraus eine Art Gespräch. Er spricht fließend Englisch und erzählt mir, dass er früher Model in den USA war. Keiner glaube ihm, dass er schon fast 70 sei. Er sei nicht geliftet, schwört er. Sein Geheimrezept ist eine Maschine, die er täglich eine halbe Stunde zum Glätten aller wichtigen Hautpartien einsetzt. Und das seit vielen, vielen Jahren. „Je eher man beginnt, desto besser!“ Dann schaut er mich mittleidig an. „Der helle Hauttyp altert sehr schnell und sehr unschön“ Mir war bewusst, dass sich da bereits ein paar Lachfältchen um die Augenpartie gebildet haben und meine Wangen sind auch nicht ideal. Ich schaue ihn genau an, und tatsächlich ist die Region um seine Augen „glatt wie ein Babypopo“ wie er selbst bestätigt. „Buy that machine!“ ruft er mir noch hinterher, als ich den sympathischen Ort wieder verlasse.

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Über Doppelmoral:
Leser: Aha! Also doch. Da schreibt Gregório Jones erst großspurig, dass hier Personen nur dann mit Foto und Namen auftauchen, wenn er über sie auch irgend etwas Nettes sagen kann, und dann das. In bester Boulevard-Manier wird dieser arme Richard vorgeführt und schließlich über Facebook, Twitter und dem Internet vor einer Weltöffentlichkeit lächerlich gemacht. War ja irgendwie nicht anders zu erwarten!
G.J.: Nicht doch, lieber aufmerksamer Leser. Jetzt urteilst du vorschnell. Ich glaube, dass es einen Teil in uns gibt, der sich über Richard lustig macht. Es gibt aber einen anderen Teil in uns, der seit ungefähr zehn Zeilen darüber grübelt, wie er an diese Maschine kommt. Sicher nicht alle von uns, aber ein Teil. Und um das zu beweisen habe ich einen Link zur Maschine integriert. (Datenschutzhinweis: Ich kann messen wenn du klickst ;-)) Viel Spaß beim Schönbleiben! 🙂

Und ich? Was finde ich eigentlich schön? Also, da wären zum einen liebe Gesichter, leuchtende Augen, und…

Next: Der Grund, warum ich noch mal nach Bogotá zurückgekommen bin.

Die nächste Geschichte erscheint wie gewohnt am Donnerstag, und wird anders als gewohnt wahrscheinlich nicht extra über Twitter und Facebook angekündigt.

Euer Gregório Jones

P.S.: Wer schön genug ist, darf die Geschichte gern teilen oder retweeten.

Das Beste am Reisen sind all die unerwarteten Begegnungen. Seit meinem Sabbatical in Südamerika reise ich daher mit neuer Mission durchs Leben: "Catching Smiles around the Globe." Wenn Du kein Lächeln mehr verpassen willst, folgst du mir am Besten auf  Facebook oder auf Instagram. ¡Hasta luego amigo!

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