Freunde-Finde-Folge 2: Der Foto-Facebook-Trick

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Um diesen Trick ausführen zu können ist es wichtig, dass man sich nicht von guten Freunden beschwatzen lässt, dass Südamerika ja so gefährlich ist und man sein Smartphone doch besser zu Hause lassen sollte.

Wie geht das?
Zur Vorbereitung sollte man schon ein oder zwei Sätze mit der zu befreundenden Person gewechselt haben. Ein guter Eisbrecher ist die Frage „Kannst Du bitte ein Foto von mir machen?“ Dann führt man ein kurzes Gespräch mit der Person und prüft, ob man sich irgendwie sympathisch ist. Ist dem so lauert man von nun an auf eine Kulisse oder einen Moment der ein gemeinsames Foto rechtfertigt. Dann bittet man einen Fremden, der irgendwie vertrauenserweckend wirkt dieses gemeinsame Foto zu machen. Wenn man niemandem vertraut, kann man notfalls auch die Front-Kamera des Smartphones benutzen und ein Selfie machen (=neumodisches Wort für Selbstporträt). Zusatztipp: Es hilft das alberne Wort ‚Selfie‘ in einer solchen Situation häufig zu wiederholen. Dann lächeln alle schön. Sind die Fotos im Kasten werden die zu befreundenden Personen wie automatisch Kontaktdaten (=Facebook) austauschen wollen. Dabei ist es übrigens egal, ob die andere Person das identische Foto mit ihrer Kamera auch gemacht hat. Möglicherweise lässt sich dieses leicht irrationale Verhalten mit der uns allen inne wohnenden Eitelkeit erklären. Wir suchen alle nach diesem einen Foto, was uns endlich mal so schön zeigt, wie wir wirklich sind.

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Quito, auf dem Panecillo
Eine halbe Stunde hält unser Hop-On-Hop-Off-Touri-Bus hier. Von der obersten Etage der Jungfrauenstatue hat man einen fantastischen Blick über ganz Quito. Ich würde ja gern ein Foto machen, aber dieser us-amerikanisch wirkendeTyp versucht seit einer gefühlten Ewigkeit ein Panaromabild von der fröhlichen Venezolanerin zu machen. Ok, jetzt ist er fertig. „Kannst du ein Foto von mir machen?“ Ich drücke ihm mein Smartphone in die Hand. Er fragt nach dem Panaromamodus (Wer’s nicht kennt:. Stell dir vor, du würdest den Kopf langsam von links nach rechts schwenken und alles was du siehst fotografieren und dann zu einem langen Foto zusammenkleben. Das ist ein Panoramabild) Leider ist das mit meinem Betriebssystem nicht so einfach und so macht er nun ein Foto von mir. Das letzte Foto bevor sein Akku den Geist aufgibt. Nun bin ich am Zug: Foto-Gregório.

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Auf dem Weg zurück zum Bus unterhalten wir uns prächtig. Er heißt Franklin, kommt aus Kolumbien, reist gerade mit seinem VW-Bus und seinem Vater durch Ecuador und hat eigentlich ein Tattoo-Studio auf Ibiza. Die fröhliche Venezolanerin heißt Rebeca und schwärmt uns von den Stränden Venezuelas vor. Wir plaudern so prächtig, dass wir den Touri-Bus verpassen. In Quito fahren diese Hop-On-Hop-Off-Busse nur einmal in der Stunde, so dass man sich gut überlegen sollte, ob man wirklich off-hoppen will. Für uns bleibt so jedenfalls genug Zeit zum Austauschen von Kontaktdaten und Reisetipps … und für Gruppenfotos 😉

Was hat’s mir gebracht?
– eine Fahrt im VW Bus durch Quito
– Essen im leckersten günstigen Fischrestaurant der Stadt
– die Erkenntnis dass Franklin am selben Tag Geburtstag hat, wie ich.
– die Information, dass es ein Stück nördlich von Quito zwei Mittelpunkte der Erde gibt: Einen für Touristen und der von den Ureinwohnern ermittelten wahren Mittelpunkt der Erde, wo die Einheimischen hingehen. (später mehr dazu)
– Reise und Abenteuertipps für das hübsche Städtchen Mindo (dazu auch mehr später)
– und einen Besuch auf dem Markt der Kunsthandwerker in Quito, auf dem Franklin und ich eine billige, bequeme, aber vor allem bunte Haushose kaufen.

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Hinweis: Ach ja. Der Nachteil am Fototausch über Facebook ist, dass Facebook die Fotos arg klein rechnet. Wer auf Fotos zum Bloggen angewiesen ist sollte daher unbedingt auf E-Mail-Lieferung bestehen.

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Werbe-Hinweis – Dieses „Reiseblog“ welches eigentlich eine amerikanische Erfolgs-TV-Serie sein möchte, zwingt mich zu nachfolgender Werbebotschaft –

Wenn Du ganz sicher gehen willst, keine Folge von Sabbaticalism mehr zu verpassen, kannst Du ganz einfach auf der Facebook-Fanpage einen zusätzlichen Haken bei „in den Neuigkeiten anzeigen“ machen.

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Viel Spaß beim Mitreisen! 🙂

Und für alle die weder Facebook noch Smartphone haben, gibt’s als nächstes Freunde-Finde-Trick Nummer 3: Der Deutsche-Ansprechen-Trick

5 Tricks wie man auf Reisen Freunde findet

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Mitte November, auf der Panamericana, kurz hinter der ecuadorianischen Grenze, in einem Bus,
Ich hatte gerade Kolumbien mit all meinen neuen Freunden hinter mir gelassen und war immer noch ein bisschen traurig darüber. In 5 Stunden werde ich in Quito, der Haupstadt von Ecuador sein. (5 Stunden Busfahrt kosten hier übrigens nur fünf Dollar. Amerikanische Dollar wohlgemerkt. Das Land hatte die Währung im Jahr 2000 nach einer Krise übernommen. Ich denke für einen Moment an Griechenland und Zypern und stelle mal wieder fest, dass ich Währungssysteme nie begreifen werde.) Für viele Reisende, die mir von Süden entgegenkamen, war Ecuador das absolute Lieblingsland. Es ist ungefähr so groß wie Deutschland wenn man Bayern abschneiden würde, und bietet auf dieser Fläche Alles: Den bestzugänglichen Regenwaldabschnitt der Welt mit der größten Chance Tiere zu sehen, eine Pazifikküste mit leckeren Fischgerichten und Kokossoße, Erholungsorte mit Thermalquellen und aktiven Vulkanen, ein Spanisch mit klarerer Aussprache als in Spanien, die Anden mit schneebedeckten Berggipfeln und über 4000 Meter Höhe, und und und, … und natürlich die einzigartigen Galapagosinseln. Viele der Entgegenreisenden waren gleich mehrere Monate hier hängengeblieben. Ich habe drei Wochen bis mein Flieger nach Buenos Aires geht. Drei Wochen um ALLES zu sehen und um neue Freunde zu finden. Ums vorweg zu nehmen. Alles hab ich nicht gesehen, aber fürs Freunde finden hab ich inzwischen ein paar ganz clevere Tricks entwickelt.

5 Tricks wie man als Alleinreisender Freunde findet

Heute: Trick 1 – der Plane-Deine-Reisefreunde-Trick

Wie funktioniert’s?
Es gibt Leute die lesen vor einer solchen Reise intensivst Reiseführer. Ich will das gar nicht schlecht reden. Diese Leute reisen nicht versehentlich in Länder, wenn dort gerade Regenzeit ist. Und sie würden auch nicht auf die Idee kommen an dem Tag einen günstigen Flug von Quito nach Buenos Aires zu buchen, an dem in Quito gerade das größte Volksfest des Jahres beginnt. Ich habe vorher weniger Reiseführer gelesen, sondern stattdessen versucht jeden zu treffen, der irgendwas mit Südamerika zu tun hat. Und da ich zwischen Trial-Sabbatical und richtigem Sabbatical ein halbes Jahr Zeit hatte und außerdem noch in einem Großunternehmen arbeite, wanderten zahlreiche Einladungen zum Mittag in die Kalender der Kollegen. Unsere Firmenkantine versprühte zwischenzeitlich fast südamerikanisches Flair. Am intensivsten war der Austausch mit Don Carlos aus der Vermarktung. Wir hatten in der heißen Südamerika-Vorbereitungsphase im Sommer 2013 sogar ein wöchentliches Mittagessen – einen Lunch Fix oder richtiger: un almuerzo fijo.

Quito, auf dem Sofa in der Stadtwohnung von Carlos‘ Familie
„Möchtest Du einen Naranjilla Saft?“ fragt mich die Mutter mit einer leichten Unsicherheit, ob ich sie auch wirklich verstehe. „Gern.“ sage ich freudig, ohne zu wissen welche exotische neue Frucht das nun wieder ist. Die Wohnung von Carlos‘ Familie ist perfekt weihnachtlich geschmückt. (Meine Mutti wäre neidisch) Auch die beiden Schwestern von Carlos sind da und plaudern mit mir. Wir schauen uns gerade einen Bildband über Galapagos an. Da klingelt es. Willy wartet unten beim Portero. „Bei Willy kannst Du die nächste Zeit wohnen.“ verkündet die Mutter. Ich denke: „Wow!“

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Was hat’s mir gebracht?
– ein eigenes Zimmer mit Schrank (so ein Rucksack nervt irgendwann) in Toplage von Quito
– meinen Mitbewohner Willy, der wie seine Freundin Lilly auch, im Tourismus arbeitet und tolle Tipps für Kurztripps in Ecuador hat (Da Quito schön zentral liegt ist es der ideale Ausgangspunkt für kleine Ausflüge überall hin)
– ein Fernseher mit Netflix, so dass ich nach fast drei Monaten Reisen endlich mal wieder faul vorm Fernseher liegen konnte und jetz bei ‚Breaking Bad‘ wieder auf dem neuesten Stand bin (Meine Serienfreunde Ina, Eugen und Paul werden verstehen, wie wichtig das war)
– eine Familie, die mich am Wochenende in ein Restaurant ausführt, wo ich um die ecuadorianische Spezialität Meerschwein herumkomme und dafür leckere Ceviche (= marinierte Meeresfrüchte) essen kann.
– Und ein Besuch im Wochenendhaus der Familie von Carlos inklusive Bier, beheiztem Pool und Fitnessstudio

Gracias Don Carlos!

Und an dieser Stelle auch noch mal Danke an Christine, Kike, Kay und Nando für die tollen Kontakte in Kolumbien.

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Next: der Foto-Facebook-Trick

Meine verrückte Route durch Südamerika ‚Abschied von Kolumbien‘

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Eine Frage vorab: Was ist das erste woran du bei Kolumbien denkst? (Die Auswertung gibt’s am Ende der Geschichte)

Abschied von Medellin

im Pamtree-Hostel
„Huhuhu“ Don Miguel heuchelt scherzhaft ein paar Tränen. Madeluz dunkle Augen leuchten. Sie lacht. Auch Luz und Pilar sind da, um sich von mir zu verabschieden. Drei Wochen war ich in diesem Hostel. Es ist ein fröhlicher Abschied. Einer dieser Abschiede, wo man das Gefühl hat, nicht so wirklich zu gehen und sich stattdessen freut an einem zuvor unbekannten Fleck dieser Erde neue Freunde gewonnen zu haben, zu denen man jederzeit zurückkommen könnte.

etwas später, vorm Apartement von Philip und David,
„Pass auf dich auf und lass mal was von dir hören“ sagt der Deutsche Philipp (mit ihm, seinem Mitbewohner un dessen Freundin hatte ich mich absichtlich in den Anden verlaufen). „Du auch von dir.“ Und ich bin tatsächlich gespannt, wie sein Leben weiter verläuft und ob er in Medellin bleibt und seine Freundin nach dem Studium auch herkommt, oder ob er nach Deutschland zurück geht.
Mein Taxi kommt. Ich lege meinen Rucksack auf den Rücksitz und schließe die Tür um vorn einzusteigen. „Das würde ich nicht machen.“ gibt mir Philipp als Tipp auf den Weg. „Bei Taxis immer darauf achten, dass es nicht mit deinen Sachen wegfahren kann.“ Ich nehme mir vor aufmerksamer zu sein und düse zum Flughafen.

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Abschied von Bogota

etwas später im Flugzeug
Doña Patricia hatte extra noch betont wie schön die Landschaft zwischen Medellin und Bogotá ist. Zwei Kordillieren (Gebirgszüge) der Anden überquert man. Und nun wird der Blick von einem Typ im Anzug verdeckt, so dass ich den ganzen Flug über gar nichts von der Schönheit sehen werde. Ich freue mich trotzdem. Denn in weniger als einer Stunde werde ich wieder in Bogotá sein und neben Patricia auch Armando, Alejandro, Agnes&Oscar und Kung Fu Miguel wieder sehen.

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eine Woche später im Apartment von Agnes in Usaquen, Bogota
Eigentlich hätte ich schon längst den Bus nach Manizales nehmen sollen. Schließlich will ich diesmal bei Tag fahren, die schöne Landschaft genießen und pünktlich im Apartment von AP ankommen. Aber weder Miguel noch ich kommen so wirklich in die Gänge. Er surft auf Kung Fu Websiten und hört dabei Lieder von Manu Chao. Ich brauche wie immer ewig zum Packen meiner Sachen. Einfach nicht los zu kommen sei laut Miguel eine typisch kolumbianische Eigenschaft. Selbst die Sprache ist darauf angepasst. ‚Ahora‘ was eigentlich ‚jetzt‘ heißt, hat hier die Bedeutung ’später‘. ‚Ahorita‘ was eine Verniedlichungsform von ‚ahora‘ ist, bedeutet ‚gleich‘. Und wenn man wirklich ‚jetzt‘ los gehen will, muss man schon das Wörtchen ‚ya‘ benutzen, was eigentlich ’schon‘ heißt.

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vier Stunden später im Bus,
Ich schaue noch einmal aus dem Fenster und stelle erneut fest, dass er jetzt wirklich weg ist.
Der Nachteil von Tagbussen ist, dass man den Doppelsitz nicht für sich hat. Und die Frau neben mir, beansprucht nach meiner Auffassung mehr als ihr zusteht. Schließlich kommen wir doch ins Gespräch und sie wird mir sympathisch. Maria, heißt sie. Sie managt das musikalische Talent ihrer Tocher. Vielleicht wird aus Stefy mal ein weiblicher kolumbianischer Justin Biber. Sie zeigt mir Stefys YouTube Videos. Stefys Cover-Version eines mexikanischen Hits bleibt mir in Erinnerung: „Ya te olvidé“ „Ich hab dich schon vergessen“ Ich bin mir nicht sicher, ob ich Bogotá so schnell vergessen werde.

Manizales – Salento – Valle de Cocora – Cali – Pazifikküste

die nächsten Wochen gehören zu den schönsten des Sabbaticals

Ich wohne zuerst im Apartment der Amerikanerin AP, die eigentlich Amanda heißt, sich aber auf Facebook anders nennt, um sich vor ihren Schulkindern an der deutsch-englischen Schule zu schützen. Von ihrer Terrasse hat man einen traumhaften Blick über die kolumbianische Kaffeezone.

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AP organisiert mir auch den Besuch einer Kaffee-Finca und ich kann endlich diese wichtige Geschichte schreiben. Dass man hier statt eines frischgebrühten Kaffees oft nur einen Beutel Instantkaffee mit wahlweise heißem Wasser oder (schlimmer noch) heißer Milch bekommt, werde ich verschweigen. Auf der Kaffeetour von Ivanov&Angela war der Kaffee jedenfalls lecker.

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Dank AP erlebe ich auch ein zünftiges amerikanisches Halloween in Rockstar/Piraten-Verkleidung

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Im Valle de Cocora wandere ich vorbei an riesigen Wachspalmen, die mit bis zu 60 Metern Höhe die Größten der Erde sind.

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Ich sehe Kolibris aus nächster Nähe

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Zum ersten Mal in meinem Leben galoppiere ich ganz allein mit meinem weißen Schimmel durch die Weite und fühle mich frei wie nie. Ein gut trainiertes Pferd mit einem Reiter ohne jegliche Vorkenntnisse ist in Südamerika völlig ausreichend.

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In Cali gehe ich mit Caro und Ronin, Amir, Angela&Hernan und Alejandra Salsa tanzen und beschließe, dass ich Salsa am liebsten ohne Regeln mag.

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An der kolumbianischen Pazifikküste bin ich der einzige weiße Tourist und finde Freunde in den Dorfbewohnern Daniel und Yeisson.

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Abschied von Cali

1 Uhr nachts, in einem Taxi vom Busbahnhof
Ich bin genervt. Dieser Taxifahrer weiß nicht, wie er zur Adresse von Caro kommt und ich muss ihn mit meinem Smartphone navigieren. Caro hat gerade noch eine Nachricht auf mein kolumbianisches Handy geschrieben. Lange kann sie die Augen nicht mehr aufhalten, meint sie. Da der Akku fast leer ist, lege ich das kolumbianische Handy kurz aufs Armaturenbrett um ihr gleich zu schreiben, wenn ich vor der Tür stehe. Wegen einer Gasexplosion auf der Straße hat die Busfahrt von der Pazifikküste hierher statt drei, ganze zehn Stunden gedauert. Und der Busfahrer ist am Schluss so schlimm gefahren, dass sich selbst die Einheimischen aufgeregt haben.
„Da vorne an dem Berg! Da können Sie mich rauslassen.“ Endlich bin ich da. Der Taxifahrer rollt langsam den Berg rückwärts runter. Ich will Caro bescheid sagen, dass ich unten warte, da fällt mir auf dass ich mein kolumbianisches Handy auf dem Armaturenbrett liegen gelassen habe. „Señor, Señor“ rufe ich dem Taxi hinterher. Doch es ist zu spät. Auch Anrufversuche scheitern, da der Akku den Geist aufgegeben hat. Eine müde Caro nimmt mich in Empfang. Ich drücke ihr mein Gastgeschenk, eine Flasche Biche (hochprozentiger Schnapps von der Pazifikküste) in die Hand. Dann gehen wir beide schlafen.

Abschied von Kolumbien

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einen Abend später auf dem Marktplatz von Popayan,
Die Sonne geht gerade unter, in der weißen Stadt. Die weißen Haüser werden beleuchtet. Popayan gilt wegen seiner komplett restaurierten kolonialen Altstadt als eine der schönsten Städte Kolumbiens. Ich mache brav Fotos und bin in Gedanken bei meinem verlorenen kolumbianischen Handy. Es war nicht teuer, aber ich hatte alle meine kolumbianischen Freunde eingespeichert und ich hatte noch Guthaben, so dass ich sie jederzeit hätte anrufen können.
In Kolumbien kann man Minuten kaufen. Wenn man gerade kein Guthaben hat, geht man zu einem dieser Straßenhändler mit dem großen Minutenschild auf dem Rücken und dem Handy in der Hand. Ich kaufe mir ein paar mehr Minuten mit Miguel. Er freut sich, dass ich im schönen Popayan bin und empfiehlt einen Snack der Pipian heißt: kleine Kortoffel-Empanadas mit scharfer Erdnußsoße. Wir sprechen über vergangene Leben. Er glaubt daran. Ich weiß nicht so recht. Auf dieser Reise werden wir uns wohl nicht wieder sehen. Meine Reise führt mich über Ecuador, Argentinien und Brasilien zurück nach Deutschland. Und seine in ganz neue Höhen kolumbianischer Snackkultur.

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am nächsten Tag, im Bus auf der Panamericana Richtung Süden,
Die Pipian waren lecker. Ich lasse meinen Blick über die Berge schweifen. Doña Patricia hatte Recht gehabt. Die Berge sind wirklich wunderschön. Ich habe schon öfter Leute getroffen, die den Lebenstraum haben die ganze Panamericana von Alaska bis Feuerland entlang zu fahren. Mich bringt diese Straße gerade raus aus Kolumbien. Ich überlege was bleiben wird…

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Flashback, vor über einem Monat im Parque Piedras, Medellin, Kolumbien

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Wir sitzen in Paddelboot. Wir sind heute die Amerikaner Atma und Vicky, die Halbbrasilianerin/Halbdeutsche Isabel und ich. Der Himmel ist wolkenlos und das Wasser funkelt uns fröhlich an. Atma und ich paddeln. „Woran denkst du als erstes bei Deutschland?“ frage ich. „Ich würde sagen an Nazis“ In meiner Erinnerung verstummen in diesem Moment alle Vögelgesänge. Das Wasser hört mit der Funkelei auf. Meine und Isabels Mundwinkel schlafen ein. „Sie sind halt in Filmen so großartige Bösewichte“ versucht Atma die Situation aufzufangen. Er bemerkt, dass seine spontane ehrliche Antwort nicht so gut ankommt und versucht uns mit ‚Pünktlichkeit‘ und ‚guter deutscher Qualität‘ zu schmeicheln. Wir wechseln das Thema.

Über Kolumbien: Lieber Leser, bitte beantworte folgende Frage: Was ist das erste woran du bei Kolumbien denkst? …. Und das Zweite? …. Und das Dritte? Als ich Mitte letzten Jahres den Flug buchte, hatte ich keine Bilder und nur jede Menge Klischees im Kopf.
Man sagt, dass in Kolumbien die nettesten Menschen der Welt leben. Ich habe ein paar sehr nette Menschen getroffen. Und für den Fall, dass du mit deiner Antwort von eben nicht so recht zufrieden bist, empfehle ich zurückzuscrollen und auf ein paar Namen in dieser Geschichte zu klicken. Jede Person öffnet die Tür zu einer Geschichte. Aber vergiss nicht zu lächeln.

Irgendwann werden die Namen der Orte, die man besucht hat zu Synonymen für die Menschen, die man getroffen hat.

me falta mi Colombia y la nevera Bogotá

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Die Vorband für den ‚Abschied von Kolumbien‘

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Ende Oktober im Bus von Bogotá nach Manizales
Tief einatmen bis Lunge und Bauch mit Luft gefüllt sind. In Gedanken bis drei zählen. Langsam ausatmen. Das ganze neun-mal. Ich war am Morgen mit einem Druck in der Magen-Gegend aufgewacht. Miguel, der manchmal etwas von einem Medizinmann hat, erklärte mir, dass der Magen das Zentrum für Sorgen ist. Und diese Atemübung soll helfen. Ich schaue aus dem Fenster und stelle erneut fest, dass Bogotá jetzt wirklich weg ist.

Insgesamt drei Stunden haben wir aus der Stadt heraus gebraucht. Genau eine halbe Stunde habe ich die mystische Stimmung in den Bergen wahrnehmen können. Dann ist wieder Nacht und das gewohnte Spiel beginnt. Der Busfahrer heizt durch die Kurven und versucht die Verspätung durch das Ignorieren aller sinnvollen Verkehrsregeln wieder aufzuholen. Bis wir schließlich noch eine längere Pause machen müssen, weil die Klimaanlage den Geist aufgibt. (Ich bin eher belustigt als erstaunt. Musste ja so kommen, wenn der Busfahrer diese immer bis zum Anschlag aufdreht.) Ich komme mit meiner Sitznachbarin ins Gespräch. Maria war gerade mit ihren beiden Töchtern auf dem Justin Biber Konzert in Bogotá. Eine der beiden -Stefy- macht ebenfalls Popmusik. Die stolze Mutter zeigt mir die Facebook Fanpage. Über 1.000 ‚Me Gustas‘ ‚Gefällt mirs‘ hat sie schon auf Facebook. Wir tauschen uns ein bisschen über Geschäftliches aus. Ich zeige ihr die Besucherstatistik von meinem Blog. „Ständig wollen die Nutzer etwas neues,“ meint sie. Neben Managerin ihrer Tochter arbeitet sie auch noch als Wahrsagerin. Wir müssen beide schmunzeln. Irgendwann wird Stefy vielleicht ein weiblicher kolumbianischer Justin Biber. Sie zeigt mir auf ihrem Smartphone ein paar teils selbstproduzierte Musikvideos.

Stefys Cover-Version eines mexikanischen Hits bleibt mir am meisten in Erinnerung: „Ya te olvidé“ „Ich hab dich schon vergessen“

Ich bin mir nicht sicher, ob ich Bogotá so schnell vergessen werde.

Am Sonntag, dem 19.1. geht dieses Blog den schweren Schritt Abschied von Kolumbien zu nehmen.

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und wer sich die Wartezeit auf Facebook vertreiben will, kann Gregório und Stefy dort gern besuchen und liken.

Catching Smiles around the Globe

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Eigentlich beginnt meine Reisegeschichte durch Südamerika gar nicht mit dem großen Sabbatical, wie viele Leser bisher annahmen. Sondern bereits sechs Monate vorher, mit einer Art Test-Sabbatical. Ursprünglich wollte ich nämlich schon viel früher auf die große Reise gehen. Da aber wichtige Projekte anstanden, schlugen meine Chefs vor, dass ich in einem längeren Urlaub erstmal teste, ob das mit dem Reisen auf diesem wilden Kontinent überhaupt etwas für mich ist. Und während Deutschland den sonnenärmsten Februar seit über 40 Jahren erlebte, reiste ich gemeinsam mit meinem sehr guten Freund und ehemaligen Mitbewohner Gordian in den Sommer Südamerikas.

Jeder Schüler braucht einem Meister. Er ist für mich was Obi-Wan Kenobi für Luke Skywalker ist. Als Reisejournalist kennt er die Welt und das Reisen. Ich will zwei Stunden vorher am Flughafen sein. Er lacht nur entspannt, und meint, dass eine Stunde vorher schon reichlich ist. Ich will die Hostels vorher übers Internet buchen. Das macht man nicht! Zu Hostels fährt man einfach hin, lässt sich das Zimmer zeigen und entscheidet dann. Seine Tipps zum Fliegen: Als letzter einsteigen, damit man sieht, ob irgendwo vielleicht noch ein besserer Platz frei ist. Außerdem: Wenn das Essen vorbei ist, fragen, ob es noch eine Portion gibt. So kommen wir jedenfalls ausgeschlafen und satt in Südamerika an. Wir reisen vier Wochen durch Argentinien, Uruguay und Brasilien. In Argentinien haben wir über seine Connections den zusätzlichen Luxus eines individuellen Reiseleiters. Niko, ein sehr guter Freund von Gordian aus seiner Zeit in Köln ist vor kurzem nach Buenos Aires ausgewandert. Er organisiert für uns eine Privatunterkunft bei echten Argentiniern und einen Kurztripp ins mystische Patagonien.

Zwei besonders wichtige Lektionen lerne ich von meinem Reisemeister Gordian, ohne die es kein Sabbaticalism geben würde.

Lektion 1: Man braucht eine Aufgabe!
auf einem Aussichtsturm in Colonia del Sacramento, Uruguay.
Zu diesem Zeitpunkt sind wir bereits drei Wochen unterwegs. Also genau die Zeit, die ein längerer Urlaub normalerweise dauern kann. Es war bisher alles toll. Rio war berauschend, Buenos Aires wild, die Wanderungen durch Patagonien idyllisch und die Gastfreundschaft unserer neuen argentinischen Freunde überwältigend. Unser Reiseführer listet die historische Altstadt von Colonia als eines der Top Sehenswürdigkeiten des Kontinents. Ein weiteres Highlight! Wir schauen herunter auf die hübschen bunten Häuser, sehen Palmen, Meeresrauschen im Hintergrund. Und plötzlich sagt einer von uns diesen Satz der unseren Gefühlszustand in diesem Moment perfekt zusammenfasst: „Irgendwie hätten drei Wochen auch gereicht.“

Irgendwie ist unsere Fähigkeit sich über Neues zu freuen, abhanden gekommen. Was tun? Wir haben noch eine knappe Woche wertvoller Urlaubstage vor uns. Vielleicht ein stärkerer Reiz? Montevideo, die Hauptstadt von Uruguay, soll einen ganz besonderen Charme haben. Oder noch schnell zu den Iguazu Wasserfällen. Die sollen größer und noch beeindruckender sein als die Niagara-Fälle. Mit dem Nachtbus könnten wir morgen Mittag dort sein. Wir entscheiden uns dagegen.

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Im Reiseführer finden wir die mit wenigen Zeilen beschriebene Kleinstadt Carmelo in die wir fahren. Es ist Nebensaison. Wir sind die einzigen Touristen und werden von den Einheimischen nicht beachtet. Tagsüber sind wir auch die einzigen Badegäste am lokalen Baggersee und abends essen wir in einem der wenigen Restaurants, die noch geöffnet sind. Wir kommen zur Ruhe und Gordian erzählt mir von seinen längeren Reisen: „Als ich in Afrika war hab ich für einen Fernsehsender gearbeitet und zum Abschluss eine Reportage gedreht. In Indien war ich mit meiner Schwester auf der Suche nach ihren Wurzeln.“ Man braucht also eine Aufgabe! Als ich im März nach Deutschland zurückkomme, fange ich an zu überlegen, was diese Aufgabe sein könnte: Freiwilligenarbeit in einem sozialen Projekt? Ein Praktikum in irgendeinem Medienunternehmen? Ich entscheide mich für zwei Dinge: Sprache lernen und mal wieder schreiben.

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Lektion 2: Catching Smiles around the Globe!
Gordian hat eine besondere Fähigkeit. Während ich anfangs stark dazu neige mein Smartphone als Informationsquelle für die Welt um mich herum zu benutzen, stürzt Gordian sich lieber waghalsig in Gespräche mit den Leuten, die ihn gerade umgeben. Sein Französich ist sehr gut, aber sein Englisch ist nicht unbedingt perfekt. Und sein Spanisch und sein Portugiesisch sind eher Fantasiesprachen. Er modifiziert Französisch einfach so, dass es zu einem Teil so klingt wie die Leute hier sprechen und zum anderen Teil irgendwie lustig.

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an einer Saftbar in Rio de Janeiro,
Während es frische Säfte in Deutschland mysteriöser Weise nur an Bahnhöfen gibt, kann mann sie hier an jeder Ecke kaufen. Warum wir ausgerechnet die Saftbar zu unsrer Stamm-Saftbar gemacht haben, die so wirkt, als würde sie von ehemaligen Knastbrüdern in einem Wiedereingliederungsprogramm betrieben werden, leuchtet mir zwar nicht ganz ein. Aber Gordian findet das glaube ich witzig und ich dann irgendwie auch ein bisschen. Er freut sich wieder bestellen zu dürfen. Zwei Kaffee mit ein ganz bisschen Milch und ohne Zucker. Und zwei große Fruchtsäfte. Mango für Gordi und Maracuja für mich. Und wie eigentlich immer, wird das keine normale Bestellung, sondern der Anfang eines zauberhaften kleinen Konzerts, einer Saft-Sinfonie:

„Döööschsch Cafeee“ Gordis Lippen stülpen sich entenhaft nach vorn,
„Com Läääche. Um Pocinhititito“ Daumen und Zeigefinger werden zusammengefügt und bilden eine Art Zauberstab,
„Nao Azuuucar“ Begleitet von ein heftigen Tusch der rechten Handfläche,
So langsam beginnt der Zauber auf das umliegende Obst überzuspringen,
„Suuuco Mangooo!“ Der Zauberstab richtet sich auf das Mango-Quartett,
Fröhlich wie eine Horde tobender Kleinkinder hüpfen sie zum Saftmixer,
„Suuuucoooo Maracujaaaa!“ die edelsäuerliche Maracuja schwebt sanft zum Mixer,
umd mit einem breiten Lächeln und der Intonation eines ungestümen Ponys ergänzt Gordi:
„GRANDE“
Jetzt sind auch die anderen Früchte aus dem Häuschen,
Die Ananas schüttelt ihr Haupthaar,
Die Bananen drehen schwindelerregende Pirouetten,
Die Guanabana kreischt ihren in Deutschland unbekannten Namen freudig in die Welt hinaus,
Wäre das ein Disney-Film würden alle Beteiligten zur Melodie des Mixer zu Singen beginnen,
und schließlich stehen auf der Theke zwei leckere Fruchtsäfte,
mit einem gelächelten „ObrigaDUU“ beendet der Meister die große Saftsinfonie,
Die Cupuaçu, die Açai-Beerchen und die anderen Gäste aus dem tropischen Regenwald applaudieren,
und noch etwas Magisches ist passiert:
Der grimmige Mann hinter der Theke schmunzelt.

6 Monate später, im meiner Berliner Wg
Heute ist meine Abschiedsparty. Am Freitag war mein letzter Arbeitstag und nächsten Donnerstag geht mein Flieger nach Rio de Janeiro. So langsam weicht das entspannte Gefühl von Freiheit einer gewissen Aufregung. Zumal ich immer noch keine Holzkohle fürs Grillen auf unserer Terrasse habe. Wer konnte schon ahnen, dass die Discounter Anfang September ihr Sortiment von Grillbedarf auf Christstollen umstellen. Wahrscheinlich denken einige der Gäste, dass wir hier regelmäßig wilde Parties feiern und haben entsprechende Erwartungen. Das ist mit Anfang 30 dann aber doch nicht mehr so.

ein paar Stunden später,
Die Party läuft. Die Stimmung ist ausgelassen. (Einzig die Tatsache, dass einer der Nachbarn ohne Ankündigung den Fahrstuhl angehalten hat, nervt etwas, da einer der Partygäste im Rollstuhl angereist ist). Nathali hat zum Glück den Grillpart übernommen. Ich finde es bei diesen Parties immer wieder faszinierend, wie sich Freunde aus den verschiedensten Freundeskreisen mischen. Vielleicht sollte man doch viel häufiger feiern. Ich schlendere durch den Korridor, der morgen sehr gründlich geputzt werden muss, als mich plötzlich meine Arbeitskollegen und Freunde Nathali, Rafi, Frieda, Marek und Daniel aufhalten. Es gibt ein Abschiedsgeschenk: Eine Survival-Dose mit vielen nützlichen Utensilien für den Abenteurer. Dazu eine Fotomontage (es ist halt schon super praktisch wenn man einen Grafiker als Kollegen hat). „Gregor Jones und der Kreuzzug nach Südamerika“ steht da drauf. Der Kopf von Indiana Jones ist mit einem Foto von mir mit meiner nagelneuen Hipster-Brille ersetzt. Ich überlege … Irgendwie ist das ganz schön albern…. Es gefällt mir. Daraus könnte noch eine ganz brauchbare Geschichte werden…

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Über Sabbaticalism: Sabbaticalism soll euch nicht mit Palmenbildern neidisch machen und wird euch auch keine Reisetipps für Orte geben, wo ihr vielleicht doch nie hinfahrt. Sabbaticalism ist mein Versuch das festzuhalten, was mich auf dieser Reise am meisten bewegt. Das Schöne, das Überraschende und eben auch das Alberne. Und wenn es gelingt, dass jemand ehrlich lächelt, ist das wie die Einleitung zu einer neuen Geschichte.

Und mit einem Lächeln und einer Brise Quatsch wird aus dem E-Mail-Schreiberling Gregor T. der abenteuerlustige Reiseschriftsteller Gregório Jones

Aus der App-Managerin Nathali B. wird die Vollblut-Spanierin Nathli Maria
Verdaguer
Aus der Mobil-Expertin Rafaela R. wird die unerschrockene Abenteuerin Rafi Croft
Aus dem Grafiker Daniel B. wird der Leichtathletik-Champ Daniel Bolt
Aus der Praktikantin Friederike D. wird die schlaue Verlagschefin Frieda Springer
Aus Teamleiter Marek B. wird wieder der wilde Rockstar Marêk Knopfler
Aus dem Kommentier-Virtuosen Frieder B. wird der smarte Captain Frieder Picard
Aus dem Wahlmünchner Mirko L. wird der Frauenschwarm und erste Offizier Mirko Ryker
Aus dem treuen Oliver K. wird der pfiffige Meisterkoch Oliver Jaimie
Aus Gesundheits- und Krankenpflegerin Franziska V. wird die Chefärztin Franziska House
Aus der Designerin des Sabbaticalism-Logos Jasmin H. wird die verführerische Kommissarin Jassi Folkerts
Aus Medienfrau Regina L. wird die Fußball-Ikone ‚Kaiserin‘ Regina Beckenbauer
und aus der angekommenen Nadine H. wir wieder die Weltenbummlerin Nadine Crusoe

Und was wird aus Dir?

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Und noch mal ganz vielen Dank an alle Leser fürs Liken meiner Facebook Page! 🙂

Teaser für ‚Catching Smiles around the Globe‘

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Über Teaser: Dieses Reiseblog versucht ja sein Möglichstes um irgendwie als amerikanische Erfolgs-Fernsehserie rüberzukommen. Bei amerikanischen Serien ist es so, dass das Publikum schon vor der eigentlichen Folge heiß gemacht wird (englisch: to tease) um sie auf keinen Fall zu verpassen. Das hier ist der erste heiße Teaser.

Als ich im Dezember in Buenos Aires ankomme, ist es unerträglich heiß. Fast 40 Grad werden gemessen. Die Luft steht in der europäischsten aller südamerikanischen Städte. Einzige Erfrischung ist das Kondenswasser, welches von den Klimaanlagen tropft (wobei das ein zweifelhaftes Vergnügen ist). Vielerorts gibt es wegen dem Dauerbetrieb der Klimaanlagen Stromausfälle, so dass einige Familien die Weihnachtszeit ohne Kühlschrank, Licht und die Möglichkeit kühl zu Schlafen erleben. Die Sehnsucht nach Erfrischung ist groß. Doch das schöne Buenos Aires hat leider kein Meer. Das Flussdelta des Rio Plata ist an dieser Stelle braun und zum Baden nicht geeignet. Ein Schwimmbad wäre eine Alternative, doch die meisten öffentlichen Schwimmbäder sind Teil von privaten Club, in die man als Nichtmitglied nicht hereinkommt. Ohne einen Freund mit Pool ist man also aufgeschmissen. Seit Tagen ernähre ich mich nur noch von dem durchaus recht leckeren Eis (die Eiskunst schreibt man den italienischen Einwanderern zu) als mich mein deutscher Auswanderfreund Niko anruft. Es gibt heute eine Poolparty im teuersten Hotel der Stadt und sein Freund David kann uns auf die Gästeliste setzen. Poolparty? Ich bin begeistert. „Die Garderobe muss etwas schicker sein. und keine Flip Flops“ Ich schaue auf meine 5 gerade sauberen T-Shirts und meine abgewetzten Lederschuhe. Das könnte schwierig werden.

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etwas später vorm Luxushotel Faena ,
David ist zur Feier des Tages heute auch fast pünktlich. Es ist gerade noch Sabbat und er trägt eine elegante Kappa, die hin und wieder vom leichten Hafenwind nach oben gewirbelt wird. Zur Feier des Tages haben wir am Hafen zuvor schon eine Flasche Sekt getrunken. Ob wir hereinkommen ist schließlich ungewiss und was die Getränke dort kosten erst recht. Das Hotel ist ein Stück einer anderen Welt. Die Frauen schlendern in seidig pompösen Abendgewändern durch die Flure. Die Polstermöbel sind so kostbar, dass die Gäste, die hier etwas trinken, gebeten werden während dem Trinken aufzustehen. Das Wasser in den Waschbecken fließt aus kunstvollen Schwanenhälsen. Wer hier übernachtet, kann schon mal mit 1000 Euro pro Nacht rechnen. Will Smith soll gerade hier wohnen.
Die Türsteher prüfen uns irritiert von oben bis unten und lassen uns gnädig passieren. Jetzt gibt es nur noch eine Hürde, die uns von dem erfrischenden Pool trennt: Die Dame mit der Gästeliste. Sie trägt eines dieser wallenden Gewänder und mustert uns mit ihren wachen Augen. David hatte die Namen einfach von Facebook übernommen „David …“ „Ja“ „Niklas … “ „Ja“ Dann stockt sie für eine ganz kleine Sekunde um schließlich zu sagen: „Gregório Jones?“ Ich muss schmunzeln und antworte: „Ja genau! Das bin ich“ Und damit sind wir drin.

NEXT: Am Montag dem 13.1. erscheint „Catching Smiles around the Globe“ – die Folge erzählt wie aus E-Mail-Schreiberling Gregor T. der abenteuerlustige Reiseschriftsteller Gregório Jones wird.

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Zusatz: Wie sich herausstellte, konnte man im Pool der Poolparty nur schwimmen, wenn man ein reicher Hotelgast war. Als einfacher Partygast konnte man das leider nicht. Und dabei waren die Türsteher nicht gnädig.

So wild war Silvester an der Copacabana

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Cinco, Quatro, Três, Dois, Um, Zero … FELIZ ANO NOVO 2014!!!! Um uns herum liegen sich über 2 Millionen Brasilianer und Touristen in den Armen. Über uns steigt ein gigantisches Feuerwerk in den brasilianischen Himmel. Angeblich gibt es in Dubai ein Feuerwerk was noch ein paar Minuten länger geht. Und Berlin rühmt sich die meisten Menschen auf die Fanmeile vorm Brandenburger Tour einpferchen zu können. Aber mal ganz ehrlich. Wer würde diese Party an Rios Traumstrand Copacabana schon gegen ein paar dröge Scheichs und endlose Bierschlangen eintauschen wollen? 😉

Ich wünsche meiner lieben Reisebegleiterin Nathali ein frohes neues Jahr. Felipe, dem Reisebegleiter unseres Überraschungsgasts aus Bogotá wünsche ich das auch. Nur wo ist eigentlich unser Gast?

20:00 Uhr im Apartment von Elizabeth, zwei Blocks vom Strand
Nathali und ich sind ganz in weiß. Weißes T-Shirt, weiße Badeshorts, selbst die FlipFlops sind heute mal weiß. Weiß tragen ist hier ein alter, ursprünglich afrikanischer Brauch, der Glück bringen soll. Und so sind wir heute gekleidet wie 90% der Brasilianer und 99,9% der Touristen.
Wir warten auf meinen Besuch aus Kolumbien und ihren Begleiter damit sie uns abholen. So lansam werden wir etwas ungeduldig. Wir sind kurz vor Zwölf mit dem Brasilianer Klaus, der auf Fotos immer gut aussieht, verabredet. Etwa 15 Blocks nördlich von Elizabeth. Nathali hatte in den Nachrichten gelesen, dass die Copacabana sich jetzt schon füllt. Auf Grund der Erfahrung mit deutschen Großereignissen sind wir besorgt keine guten Plätze mehr zu bekommen. „Kolumbianer sind halt nicht so pünktlich“, sage ich ein bisschen entschuldigend.

20:10
„Wollt ihr noch etwas von dem Braten?“ Elizabeth lächelt mich lockend an. Elizabeth ist unsere Airbnb Vermieterin (ihr wisst schon. Diese Internetplattform über die man sich für ein bisschen Geld bei interessanten Leuten, in interessanten Wohnungen einmieten kann.) Sie hatte noch etwas von dem köstlichen zarten Fleisch übrig, welches sie uns vor zwei Tagen serviert hat, als wir mitten in der Nacht vom Flughafen in Rio angekommen waren. Ich überlege noch kurz, aber ihr lockendes Lächeln hat mich längst überzeugt. „Ja“ sage ich freudestrahlend. Nathali wirft mir einen leicht irritierten Blick zu. „Aber nur ein kleines bisschen“, füge ich rasch noch hinzu.

20:29
DING DONG. Es klingelt. Allerdings nicht an der Haustür, sondern an der Wohnungstür. Mario, der mit Elizabeth zusammenwohnt öffnet. Und da steht sie: (die Auflösung der ‚unendlichen Geschichte‚) Doña Patricia aus Fusagasugá, Kolumbien. Schillernd wie eine weiße Bromelie. Die Wiedersehensfreude ist groß. Zwei Monate ist es her, dass wir uns noch mal in der Altstadt von Bogotá getroffen hatten. Bei Kaffee und Koka-Tee hatten wir beratschlagt, dass es doch verdammt witzig wäre, wenn sie als Sabbaticalism-Star der ersten Stunde auch im Finale dieses tollen Jahres 2013 auftreten würde (Meine Mutti ist ein großer Fan von ihr, weswegen sie auch in so vielen Geschichten auftritt).
Dass Patricia jetzt in der Wohnung von Elizabeth steht, ist allerdings Zufall. Der Portero ( Pförtner) hatte von unten angerufen und gesagt, dass eine Patricia wartet. Und Patricia ist auch der Name einer guten Freundin von Elizabeth. Doch statt auch nur eine Sekunde irritiert zu sein, freut diese sich über die neuen Gäste.

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20:50
Elizabeth wirft eine weiße Tischdecke über den edlen Holztisch. Aus dem ‚kleinen bisschen Braten‘ wird kurzerhand ein vollwertiges Silvesterdinner. Auch wenn Patricia als Vegetarierin kulinarisch nicht ganz auf ihre Kosten kommt, kann sie sich mit uns an den drei Flaschen edlen französischen Rotweins erfreuen, die zur Feier des Tages geöffnet werden. Gesprochen wird ein wilder Mix aus Deutsch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Elizabeth erzählt Anekdoten aus ihrer Zeit im Libanon und wie sie an der Copacabana einmal einem ihr zuwinkenden Bill Clinton begegnet ist, ohne ihn zurück zu grüßen. Wir sprechen auch über Cachaça, den Alkohol mit dem Caipirinha gemacht wird. In Brasilien sind Caipis viel stärker als im fernen Deutschland. Scheinbar will man hier lieber am Eis, als am Alkohol sparen. Kleine Äffchen werden laut Mario auch mit Cachaça gefangen. Nach dem ersten Schälchen sind sie begeistert von dem süßen Geschmack, nach dem zweiten sind sie am Taumeln und nach dem dritten bewegungsunfähig.

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21:45
Felipe, Patricias Reisebegleiter, und ich schauen noch mal auf der Karte, wo der Treffpunkt mit Klaus ist. „Das ist schon ein gutes Stück zu laufen. Wir sollten jetzt besser mal los gehen.“ Problematisch für diesen Plan ist die gerade beginnende Freundschaft zwischen Doña Patricia und Elizabeth. Patricia spricht auch Portugiesisch und Elizabeth interessiert sich für Bromelien. Irgendwie gelingt es uns dann aber doch an die etwas deutschere Hälfte von Patricia zu appellieren. Wir bedanken uns bei Elizabeth&Mario für ein wunderbares Silvesteressen, wie es besser nicht hätte sein können, und verabschieden uns in die Silvesternacht von Rio de Janeiro.

22:00 auf der Copacabana
All denen die mal auf irgendeiner deutschen Fanmeile Silvester verbringen mussten, sei gesagt, dass man sich vergleichsweise entspannt an der Promenade der Copacabana entlang bewegt. Viele Familien sind erst noch beim gemeinsamen Dinner, bevor sie kurz vor zwölf hierher kommen. Und da der Strand mit 4 Kilometern riesig und auch breit ist, bleibt auch später genug Platz. Nicht ganz so entspannt sind die Schlangen an den Toilettenhäuschen. Dafür gibt es kaum Wartezeiten an den Getränkeständen (was nicht nur praktisch ist). Nach dem Dinner-Wein neutralisieren wir kurz mit Wasser, Cola und Gatorade (Nathali) … dann geht’s weiter mit eiskaltem brasilianischen Bier … Maracuja Caipi … normalem Caipi … Caipi …

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23:45 ich am Treffpunkt mit Klaus
„Die anderen wollen direkt am Strand das Feuerwerk sehen.“
„Oh, das ist kompliziert“
„Lass uns nach dem Feuerwerk treffen. Dort bei dem Ballon, neben der Frau, die die Tücher verkauft. Beim Caipirinha Stand“
„Hmm. Alles klar. … Dann rutscht gut rein!“
„Du auch. Wir sehen uns nächstes Jahr.“

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Das Feuerwerk erleuchtet den brasilianischen Himmel in diesem Jahr 2014, welches irgendwie Brasilien gehört. Nathali filmt mit ihrem Smartphone. Und Felipe macht eine Entdeckung. „PATSCHI? PATSCHI?“ Er lacht. Und die wiedergefundene Doña Patricia lacht auch. „FELIZ AÑO NUEVO!“

Und ein fröhliches Neues mit viel zum Lachen und Lächeln an alle Leser!

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Next: Die nächste große Folge von Sabbaticalism kommt am Montag den 13.1. Und wenn Gregório Jones diese Folge so nennt wie den kleinen Satz der da ganz oben links auf dem Palmenbild unter Sabbaticalism steht, dann sollte die Folge besser gut sein. Wenn ihr sie ganz sicher nicht verpassen wollt, empfehle ich, dass euch meine Facebookseite gefällt 🙂

Bis zum 13.1. laufen dort Wiederholungen meiner Lieblingsfolgen. Und wer sich ein bisschen mit Geschichten auskennt, weiß, dass sie sich manchmal beim zweiten Lesen verändern. Vor allem wenn sie im Internet stehen. Wer errät, was sich verändert hat, gewinnt nen Kaffee oder ein Bier mit mir.

0:30
Nach dem Feuerwerk wird meine Erinnerung etwas schwammig. Aber zum Glück hat Nathali Fotos gemacht und alles schonungslos dokumentiert …

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Neujahrsvosätze:
1. Weniger Caipi
2. Facebookseite von Mr. Jones liken

Ein Hauch von Heimat an einem ungewöhnlichen Ort

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30 Grad, Sonnenschein, Palmen. Das Leben des Gregório Jones ist schon beneidenswert. Außer eben in dieser einen Woche um Weihnachten herum. Denn da sehnt er sich nach winterlichem Schnee, geschmückten Weihnachtsbäumen, Christstollen und Heimat. Dabei gibt sich Südamerika die größte Mühe ihn in Weihnachtsstimmung zu bringen.

Schon im Oktober wurde der kleine Park vorm Apartment von Agnes in Bogota mit künstlichen roten Ahornbäumen dekoriert. Ahornbäume werdet ihr euch, wie ich, fragen? Die sind halt das Wahrzeichen von Kanada … und in Kanada liegt bekanntlich Schnee.

Ende November war die Wohnung der Familie von Carlos in Quito schon so weihnachtlich dekoriert, dass die meisten deutschen Familien neidisch wären. Ein perfekter Weihnachtsbaum mit Dekogeschenken. Eine Miniaturweihnachtstadt mit kleinenSpielzeug-Karussels. Ja, selbst der Toilettendeckel war bereits festlich geschmückt.

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Im Dezember dann die Suche nach deutschen Leckereien in Buenos Aires. Und auch wenn mir völlig schleierhaft ist, warum sich hinter deutscher Küche im Ausland immer die bayrische Küche verstecken muss, so muss man zumindest auch hier nicht auf Sauerkraut und Würstchen verzichten.

Aber was ist mit dem wichtigsten Teil von Weihnachten? Der Heimat? Um zu verstehen, wie man Heimat in der Fremde findet, will ich euch noch einmal mit zurück nach Kolumbien nehmen, nach Medellin, und euch den wahrscheinlich wahren Grund verraten, warum ich drei Wochen in der Stadt des ewigen Frühlings geblieben bin.

In einer Metro-Station, in der Nähe des Palmtree Hostels
Heute ist mein vorletzter Tag und obwohl ich in den drei Wochen in Medellin viel erlebt habe, war ich etwas nachlässig mit dem Besuchen touristischer Attraktionen. Viel Zeit bleibt heute auch nicht mehr, da ein freundlicher Typ aus dem Fitnessstudio angeboten hat, mit mir zum Friseursalon seines Onkels zu gehen. Und ich brauche dringend einen Haarschnitt (mein Privatfriseur Ben fehlt mir wirklich) Vor ein paar Wochen habe ich mit ein paar anderen Touristen das Metrocable (eine Art Skilift in der Stadt) zum Parque Arvi besucht. Das war schön. Nun hat diese Stadt ein zweites Metrocable. Ich hatte gehört, dass es dort eine Bibliothek und eine Rolltreppe in ein Armenviertel gibt. Die schöne Pilar, die an der Rezeption des Palmtree Hostels arbeitet, hatte mich daraufhin korrigiert. Die Bibliothek befindet sich bei dem Metrocable, welches ich schon kenne und die Rolltreppe ist so tief in dem Armenviertel, dass es für mich nicht sicher ist. Eigentlich lohnt es sich aus touristischer Sicht überhaupt nicht. Zumindest die Aussicht auf die Stadt sei gut, wobei ich bitte unbedingt vorsichtig sein soll.
Während ich so auf die Metro warte, bleibt mein Blick wieder in den Bergen hängen. Ich zücke mein Smartphone und mache wieder das genau gleiche Foto, welches ich immer mache, wenn ich auf die Metro warte. Ein Foto, dass irgendwie versucht festzuhalten, dass ich hier zum ersten Mal in meinem Leben in einer Stadt wohne, die von Bergen umgeben ist. So richtig gelingt es mir nicht diese Faszination im Foto festzuhalten. Und wenn man ganz genau hinschaut, sieht man auch, dass die Berghänge mit einfarbigen Neubausiedlungen zugebaut sind.

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auf dem Berg,
Ich erkundige mich bei dem Hilfspolizist nach der aktuellen Sicherheitslage. Er meint es wäre sicher. „Auch für mich?“ frage ich, mich selbst von außen musternd. Er nickt und meint, dass ich gleich links von der Station Fotos machen könnte.

Ich verlasse die Station und werde direkt von einer Gruppe begeisterter Teenager gestoppt. Die Mädchen sind vielleicht zwölf oder dreizehn. Ein kleiner Bruder ist auch dabei. Ich verstehe sie nicht wirklich und antworte einfach, was ich denke, was sie gefragt haben könnten. „Ich wohne in Berlin und reise seit über einem Monat durch Kolumbien.“ Mit meiner linken Hand stelle ich während des Gesprächs sicher, dass sich mein iPhone und mein Portemonnaie sicher in meiner Hosentasche befinden. Ich verabschiede mich freundlich und gehe weiter nach links zu dem Aussichtspunkt. Dabei prüfe ich die Umgebung. Etwas höher am Hang beginnt eine dieser Neubausiedlungen mit einem rot-weißen Haus in der Mitte. Unterhalb von mir liegt die Stadt im Feierabend-Smog. Dass ich scheinbar der einzige Tourist bin, beunruhigt mich gerade tatsächlich etwas.

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Beim Aussichtspunkt angekommen, drehe ich mich unauffällig nach links und rechts um und mache schnell zwei drei Fotos. Ich muss mir dringend mal ein Schutzhülle für mein iPhone holen, damit es nicht ganz so offensichtlich wertvoll wirkt. Ich hoffe, dass mich keiner beobachtet hat und gehe zügig zurück zur Station.

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„Hola, Hola“ kreischt es von der andern Seite. Die Mädchen sind wieder da. Diesmal haben sie noch eine Mutti im Schlepptau. Ob wir ein Foto machen können, fragen sie. (diese Frage verstehe ich inzwischen) Ich willige ein. Die neonfarbenen Blackberries der Mädchen werden gezückt und die Mutti schlüpft in die Rolle der Fotografin. Mein Wille unbedingt vorsichtig zu sein beginnt mit meiner Dokumentationslust zu konkurrieren. Meine linke Hand ist fest in meiner linken Hosentasche, sie umfasst das iPhone, und so ganz langsam bewegt sie sich inklusive Telefon nach außen. „Können sie damit auch ein Foto machen?“ Ich reiche der Mutti mein iPhone. Sie schaut mich an und fragt wie die Technik genau funktioniert. Ich erkläre es ihr. Während ich mein Gesicht für mein Fotolachen einfriere, meldet sich wieder der Zweifel, ob ich das Telefon mit all meinen Fotos der Reise wirklich zurückbekomme. Aber alles geht gut und sie fragt mich ganz professionell, ob ich mit den Fotos zufrieden bin. „Muy bien“ „Sehr gut“ antworte ich befreit. Ich beschließe mit den Mädchen eine Facebook-Freundschaft zu schließen um später die Fotos austauschen zu können.
Dieses Mal ist die Verabschiedung von meiner Seite ehrlich herzlich.

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Über Vorsicht: Ich hatte das Gespräch neulich mit Agnes, als ich ihr in Buenos Aires wieder begegnet bin. Sie ist eine sehr gute Freundin von Miguel und arbeitet in Bogota für die deutsche Botschaft. Das Ärgerliche ist, dass Südamerika wirklich gefährlicher ist als Europa. Damit man sicher bleibt, muss man Regeln beachten (bestimmte Viertel meiden, nachts nicht allein spazieren, etc.) Das Problem der Vorsicht ist, dass man in 9 von 10 Fällen jemanden Unbekannten zu Unrecht in eine böse Ecke steckt. Die Motivation ist verständlich. Wir wollen halt so gern ganz sicher gehen, diesen einen Fall zu vermeiden, in dem uns unser schönes Smartphone samt all der schönen Urlaubserinnerungen gestohlen wird. Auf keinen Fall wollen wir unsere Freunde sagen hören „Hab ich dir ja gesagt“. Manchmal ist das aber falsch und das richtig zu unterscheiden ist schwer.

doch Moment … Vorsicht ist gar nicht das Thema dieser Geschichte …. aber sie ist auch noch nicht zu Ende…

Ich bin in guter Stimmung und habe Lust diese Ecke der Stadt noch etwas zu erkunden. Die Neubausiedlung vor mir fasziniert mich. Sie ist überhaupt nicht schön, aber irgendwie erinnert sie mich an den Plattenbau in dem ich aufgewachsen bin. Ob ich hier vielleicht auch ein paar Fotos machen kann? Auf einer Parkbank vor einem Maria-Gemälde frage ich zwei ältere Herren. „Ist das sicher hier?“. Sie bestätigen und ich glaube ihnen gern.

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Während ich knipse und durch die Siedlung laufe, regt sich in mir ein leicht euphorisches Gefühl. Vielleicht, weil ich meine Übervorsicht für einen Moment abgestellt habe? Vielleicht auch weil ich an einem Ort bin, wo Touristen sonst nicht sind? Nein. Das stärkste Gefühl an diesem nicht wirklich schönen Ort ist ein Gefühl von Heimat. Ich stelle mir vor, wie die Kinder auf den Treppengeländern sitzen und „Ich schicke eine Brief an …“ spielen. Oder wie sie sich das erste Mal in das Mädchen oder den Jungen aus dem Nachbarblock verlieben. Ich glaube keiner der Vorbeilaufenden versteht, warum ich gerade lächele.

Ich schaue mich um und mein Blick fällt wieder auf das rot-weiße Haus. Eine Gruppe Frauen macht davor Sport. Ich überlege, ob Pilar vielleicht doch unrecht hatte und hier tatsächlich eine Bibliothek ist. Das einstöckige Gebäude hat eine Glasfassade, durch die man durchschauen kann. Ich bin neugierig.

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Ich schaue durch die Glasfenster und sehe spielende Kinder und ein paar Erwachsene. Mir wird sehr schnell klar, dass das hier keine Bibliothek ist. Das ist eine so genannte Ludotheka – ein Kindergarten. Ich bin total fasziniert und nehme Blickkontakt mit der Kindergärtnerin auf. Sie lächelt und winkt mich herein. Ich erzähle ihr, dass mich diese ganze Gegend irgendwie an den Ort erinnert, in dem ich aufgewachsen bin. „Könnte ich vielleicht Fotos machen? Natürlich ohne die Kinder.“ frage ich sie, jetzt doch etwas eingeschüchtert. „Gern“ sagt sie. Dann fragt sie mich, ob die deutsche Touristin, die sich vor der Tür gerade mit dem Sicherheitsbeamten unterhält auch zu mir gehört. „Nein“ sage ich erstaunt. Scheinbar bin ich nicht der einzige, der diesen Ort fälschlicherweise für eine Touristenattraktion gehalten hat. Ich bahne meinen Weg durch Spielsachen und tobende Kleinkinder. Das Alphabet-Puzzle gibt es hier mit „ñ“. Ansonst wären die meisten Spiele auch in Deutschland einsetzbar. Ich sehe eine Beschwerdebox für Kleinkinder. Und in einer Ecke gibt es Kostüme mit denen sich die Kleinen zum Spielen verkleiden können.

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„Hola, Hola“ Ein paar Fünfjährige schauen mich neugierig an. Wo ich herkomme, was ich hier mache und was meine Lieblingsfußballmanschaft ist, wollen sie wissen. „Ich wohne in Berlin, bin ursprünglich aus einer Stadt im Osten Deutschlands. Ich reise seit über einem Monat durch Kolumbien und mir gefällt Medellin sehr gut. … Lieblingsclub: Borussia Dortmund (wobei das gelogen, aber praktisch ist, da sie alle das Team kennen)“ Dann sprechen wir über Recycling. Die Kindergärtnerin steht jetzt auch wieder dabei. Sie versucht das Thema den Kleinen gerade zu vermitteln. Sie staunen nicht schlecht darüber, dass wir in Deutschland Glas nach Farben trennen.
„Hast Du Geld aus Deutschland dabei?“ Ich finde in meinem Portemonnaie noch einen Glücks-Cent. Der liegt da, seit mir meine Schwester Laura das Portemonnaie zum Geburtstag geschenkt hat. Ich erzähle von meiner Familie und dass Laura gerade mit ihrem Freund Patrick durch Australien reist (Link zum Reiseblog).
„Hast du Fotos aus Deutschland?“ Ich blättere durch die Fotosammlung meines Telefons. Über 5000 Fotos habe ich auf dem Telefon. Und nach dem ich ganz lange zurück geblättert habe, finde ich tatsächlich noch etwas. … Weißer Schnee, ein hübsches blondes Mädchen. Die Kleinen sind ganz aus dem Häuschen.

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März 2013 (Ostern) in der sächsischen Schweiz,
Ich hatte ja eigentlich gedacht, dass wenn ich den ganzen Februar in Südamerika bin, ich danach in den deutschen Frühling zurückkommen würde. Nun ist Ende März und es liegt immer noch Schnee. Zumindest Ostereier suchen, sollte dieses Jahr einfacher sein. Statt wie in anderen Familien die Tradition des Ostereier suchens nach dem Kindesalter abzuschaffen, ist sie bei uns erhalten geblieben, und mit Rätseln und kniffligen Verstecken einfach noch komplizierter geworden.
Ich stehe mit Laura und Patrick auf einem Berg und wir beobachten die Eltern, die weit unten den einfacheren Talweg genommen haben. „Mein Sabbatical ist jetzt genehmigt“ sage ich. „Ab September bin ich wieder in Südamerika. Diesmal 6 Monate. … Was machen deine Pläne?“ „Kommt noch drauf an, wie das jetzt genau mit den Kursen für den Master funktioniert, aber höchstwahrscheinlich dann auch ab September“ meint Laura. „Und wie lange?“ „Auch ein halbes Jahr“. Die Eltern sind kleine Punkte auf dem fernen Weg im Tal. Wir winken ihnen zu und tatsächlich winken sie zurück. Dann verschwinden sie hinter der nächsten Weggabelung. „Wir sind dann halt beide nicht zu Weihnachten da.“ „Stimmt. … Und zu Omas und Opas runden Geburtstagen auch nicht.“ „Hmm … Aber dafür machen wir einfach eine riesige Familienfeier, wenn wir wieder kommen. Mit Weihnachtsgans, Geburtstagstorte, Nussknackern, Oserhasen, Weihnachtsbaum und Ostereiern. Das wird ein herrliches Einachtsfest.“

Heimat – manchmal findet man sie an ungewöhnlichen Orten. Und definitiv ist Heimat der schönste Ort für Weihnachten. Und für alle die Weihnachten nicht in der Heimat sein können gibt es – Klimawandel sei dank – immer noch Einachten.

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….

Und da das tatsächlich die letzte Folge für dieses Jahr ist, gibt es auch noch eine kleine Zugabe

1986, auf dem Fußweg vorm Bernsdorfer Hang 11, Karl Marx Stadt, DDR
Ich bin 5 Jahre alt (weswegen das vielleicht ein Fantasie-Flashback sein könnte). Mein Opa Herbert hat mir dieses Kinderauto gebaut mit dem ich über den Fußweg heizen kann. Meine Mutti schaut, dass mir nichts passiert. Sie unterhält sich mit einer anderen Mutti. Das vierrädrige Kinderauto ist perfekt für mich, da ich noch nicht Fahrradfahren kann. Nur ein bisschen langweilig ist mir. Freunde zum Spielen wären jetzt praktisch. Da kommt plötzlich die Tochter der anderen Mutti. Die Familie ist ein bisschen später als wir in den Plattenbau eingezogen. Wir wohnen im sechsten, sie im zweiten Stock. Tina heißt sie. Und Tina hat, genau wie ich, Lust den neuen Sandkasten vor dem Hügel hinterm Haus auszuprobieren.

Heute ist der 22.12.2013. Dass Tina und ich über 25 Jahre später immer noch Freunde sind, ist schon sehr besonders. Erst war ihre Mutti meine Kindergärtnerin. Viele Jahre später war meine Mutti dann ihre Lehrerin in der Ausbildung zur Logopädin.
Bei Tina würde ich nicht mal eine Sekunde nachdenken, ob es vielleicht falsch wäre sie nach Mitternacht anzurufen. Und wenn sie tatsächlich mal nicht rangehen könnte, würde sie mich innerhalb von Minuten zurückrufen. Heute ist der 22.12. und heute ist ihr Geburtstag.

Liebe Tina, ich wünsche dir alles Liebe zum Geburtstag und eine fantastische Geburtstags-/Weihnachtsfeier.

Und allen Lesern von Sabbaticalism, wünsche ich ein erholsames Weihnachtsfest in der Heimat und ein fulminantes Wiedersehen in 2014

Euer Gregório Jones

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und Next in 2014: Catching Smiles around the Globe. Was sonst. 🙂

Tanzt Salsa!

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Anfang November, Cali, 8:00 Uhr morgens in der Küche der ‚Casa Carolina‘,
„Un, dos tres, paso“ Angela hat YouTube auf meinem iPad geöffnet. Ein Musikvideo spielt. Champeta heißt der lateinamerikanische Tanz, den sie Amir versucht beizubringen. Amir hat seinen mobilen Lautsprecher angeschlossen. Schlafen ist jetzt also definitiv nicht mehr möglich. Und das obwohl wir erst gegen zwei Uhr nachts von der Salsa Party zurück in die Casa Carolina gekommen sind. Die Casa Carolina ist kein Hostel, sondern vielmehr die Privatwohnung der schönen Carolina. Normalerweise wohnt sie hier nur mit ihrem Mitbewohner Hernan. Da ich nun aber ein Freund von Doña Patricia, einer sehr guten Freundin einer sehr guten Freundin von ihr bin, darf ich hier wohnen. Und da sie die beiden netten Backpacker Ronin und Amir aus Israel, vor ein paar Wochen an der kolumbianischen Karibikküste kennengelernt hat, dürfen sie auch hier wohnen. Und da mal wieder ein verlängertes Wochenende ist, ist eben auch Angela, die Freundin von Hernan zu Besuch (die deutsche Sprache braucht dringend mal ein eigenes Wort für ‚girlfriend‘ und ‚boyfriend‘). Ein bisschen fühlt es sich also an, wie in einem Hostel. Amir und ich haben mit dem Schlafplatz etwas Pech und sind in der Wohnküche gelandet. Und da Angela eine Frühaufsteherin ist beschert sie uns nun den ersten Programmpunkt des Tages. Lateinamerikanische Tänze werden geübt. Champeta, Merenge, Reggaeton oder eben Salsa. Angela hat sich alles mit Hilfe von YouTube Videos selbst beigebracht. Und Amir ist bemüht ihren schnellen Erklärungen zu folgen. Ich sitze auf der Couch, und schlürfe meinen original israelischen Kaffee, den Amir netterweise gebrüht hat.

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Was war passiert? Warum bin ich nicht auch im Lernfieber? Immerhin gilt Cali als Haupstadt des kolumbianischen Salsa, der hier mit besonders raffinierten Schrittkombinationen getanzt wird. Habe ich etwa die Lust am Tanzen verloren?

Übers Tanzen: Tanzen war für mich immer irgendwie wichtig. Wenn ich als kleiner Junge ein Geschenk zum Geburtstag oder zu Weihnachten bekommen habe, bin ich immer wie wild durch die Wohnung getanzt. Für meine Eltern ein wichtiges Indiz, ob mir das Geschenk auch wirklich gefallen hat. Mit 15 ging es dann mit Peggy und Susan zur Tanzschule Köhler&Schimmel. Während dem Studium hab ich mit Nina auf den berüchtigten Parties unter den Eichen auch zu fast jeder Musik einen drehungsreichen Paartanz improvisiert. Im Auslandsjahr in Miami mit Miriam dann der erste Kontakt mit Salsa. Und immer so weiter im Takt: Im Praktikum in Leipzig mit Birthe; als Neuberliner mit Lotta; auf den Firmenweihnachtsfeiern mit Cati, Rafi und Christine; und zuletzt bei meinen Tango-Gehversuchen mit Sonja. Als ich Anfang 2012 für mich realisierte, dass ich neben der Arbeit mal wieder ein Hobby bräuchte fiel die Wahl daher leicht. Natali (nicht die Nathalie, mit der ich gerade durch Südamerika reise) stellte mir eine Liste mit allen Salsa-Kursen Berlins zusammen und ich war startklar.

Mai 2012, beim Salsa-Kurs der Humboldtuni, in Berlin Kreuzberg
„Dile que no.“ Meine liebe Kollegin Rafi und ich versuchen die Figur nachzutanzen. Wir lernen hier einen speziellen Salsa. Salsa Rueda nach kubanischem Vorbild. Das besondere: die Gruppe steht in einem Kreis und der Tanzleiter ruft eine Figur, die dann alle synchron nachtanzen. Alle Namen sind auf Spanisch. Die Schlüsselfigur ‚Dile que no‘ heißt übersetzt ‚Sag ihr nein‘. Beim Salsa Rueda gibt es häufige Partnerwechsel. Wenn alle synchron tanzen, sieht es richtig gut aus. Rafi ist von dieser Salsa-Art nicht ganz so begeistert. Ich bleibe bis Zum Herbst mehr oder weniger dabei. Dann verschlingt das Spanisch lernen alle meine Zeit. In meinem Sabbatical in Südamerika werde ich das alles noch mal richtig lernen, denke ich mir. Dann hab ich ja auch die Zeit.

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Oktober 2013, in einem privaten Tanzstudio in Caldas, ein paar Kilometer entfernt von Medellin, Kolumbien,
Ich soll die Schultern mehr rausdrücken und sie zum Rhythmus der Musik bewegen. Aber nicht wild wackeln. Zumindest mein Hüftschwung sitzt. Auch bei Figuren stelle ich mich recht pfiffig an. Esteban ist positiv überrascht. Der Zweiundwanzigjärige hatte wahrscheinlich mit dem schlimmsten gerechnet, als Madeluz ihm erzählt hat, dass ein Deutscher vorbeikommt, der bei ihm Salsa lernen will. (Wir haben nicht unbedingt den Ruf eines Volks der großen Tänzer). Da ich nun schon zwei Wochen in Medellin bin, war ich in Sorge, ob ich, wie ursprünglich geplant, noch ausreichend Zeit für einen Tanzkurs in Cali haben werde. (Mein Kollege Nando aus der Grafik hatte mir einen Kontakt zu einer Tanzschule in seiner Heimatstadt Cali mitgegeben). Daraufhin hatte Madeluz ihren Studienkollegen Esteban kontaktiert und da ich eine gewisse Angst vor dem Transport in Kleinbussen (Colectivos) habe, hatte sie mich auch hierher begleitet. Nun sitzt sie in der Ecke und macht mit meinem Telefon Fotos und Videos im Hochkantformat. Esteban lernt mir einige neue Figuren. „Denk an die Schultern!“ mahnt er noch einmal. Mir fällt es etwas schwer mich zugliech auf die neuen Tanzschritte und auf die Schulterrn zu konzentrieren. Zwei Stunden dauert der Privatunterricht. Und obwohl ich viel neues gelernt habe, freue ich mich auch, als ich mit Madeluz wieder den Heimweg mit dem Colectivo durch den Regen antreten kann.

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November 2013 in Cali
Die Sonne verlässt die Tanzfläche und macht Platz für eine heiße Salsa-Nacht. Ich habe nun doch keinen vorbereitenden Kurs gemacht und bin entsprechend aufgeregt, ob das mit den Caleñas (den Einwohnerinnen Calis) gut gehen wird…

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Die Schlange am Tin Tin Deo ist heute überschaubar. Am Eingang stehen Verbotsschilder: Man darf hier keine Instrumente mit hinein nehmen. Und man darf nur paarweise eintreten. Was ein bisschen spießig wirkt, ist einer der angesagtesten Salsa-Clubs der Stadt. Zum Glück sind wir drei Herren und drei Damen. Caro hat zwei Freundinnen mitgebracht. Die eine wirkt etwas streng. Die andere – Alejandra – lächelt konstant sehr fröhlich. Im Tanzsaal angekommen tauschen wir unseren Mindestverzehr gegen eine Flasche Aguardiente, diesen tückischen Zuckerrohrschnapps ein. Und dann werden auch schon die ersten Damen ganz klassisch zum Tanz aufgefordert. Es wird ernst.

Dame Nummer 1 – Carolina: Ich tanze mit Caro. Es ist ein braver Tanz. Ich hatte zuvor gelernt, dass man im kolumbianischen Salsa nicht ganz so viel dreht und so halte ich mich zurück. Sie ist mit ihren Gedanken bei einem der beiden Israelis. Der Tanz verläuft ohne größere Patzer. Ich bin mit dem Einstieg zufrieden.

Dame Nummer 2 – die etwas strengere Freundin: Sie hat eine klare Vorstellung in welcher Folge der Tanz richtig ablaufen sollte und ist somit eine größere Herausforderung für mich. Sie ist eine der Frauen, die man nach links drehen will und die dann doch rechts herum drehen. Auch wenn sie auf Grund meiner mangelnden Schrittkenntnis nicht ganz auf ihre Kosten kommt, bleibt auch dieser Tanz ohne größere Patzer. Ich tanze zwar nicht die richtigen Schritte, aber irgendwie funktioniert es dann trotzdem.

Dame Nummer 3 – Alejandra
Die lächelnde Alejandra will auch mit mir tanzen. Sie bewegt sich wie eine Feder im Wind. Bei jeder Drehung wird ihr Lächeln noch etwas fröhlicher. Es ist ein bisschen so, als würden zwei Kinder herumtollen. Keiner meiner Schritte entspricht dem, was ich gelernt habe. Zumindest nicht absichtlich. Und gerade das macht mir Spaß. Und Alejandra irgendwie auch. Meine Schultern und meine Hüfte bewegen sich selbstbewusst zum Rhythmus. Und wer weiß, vielleicht stimmen sogar ein paar Schritte. Einige Latinos schauen interessiert zu uns rüber, während wir fröhlich weiter tanzen.

8:15 Uhr morgens, wieder in der Küche der ‚Casa Carolina‘,
Inzwischen ist auch Carolinas Mitbewohner Hernan vom Frühsport zurückgekommen und tanzt mit seiner Freundin Angela. Es sieht schön aus, wie sie sich passend zu den Klängen des YouTube Videos bewegen. Und richtig. Aber für den Moment habe ich keine Lust mich von ein paar wenigen mühsam erlernten Figuren einschränken zu lassen. Ich will tanzen! Am liebsten komplett ohne Regeln.

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P.S.: diese Geschichte dürfen nur die Damen liken oder teilen. 😉

Next: Die letzte Folge vor der Weihnachtspause. Sie heißt „Heimat“ und spielt an einem ungewöhnlichen Ort. Und aus besonderem Anlass erscheint sie am Sonntag, dem 4. Advent

TIPP: Wenn Du ganz sicher gehen willst, keine Folge zu verpassen, gefällt dir ganz bestimmt meine neue Facebook-Seite 🙂 https://www.facebook.com/sabbaticalism

Alternatives Ende für ‚Der einzige weiße Tourist‘

Der kleine Daniel aus La Barra, Kolumbien

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Hinweis: Du bist dabei das alternative Ende zu meinem Ausflug an die kolumbianische Pazifikküste zu lesen. Wenn Du, wie ich, lieber Happy Ends magst, empfehle ich nur die letzte Geschichte zu lesen, und diese hier einfach auszulassen. Geh lieber auf den Weihnachtsmarkt und trinke mit deinen Freunden ein paar Glühwein. Oder kauf halt Weihnachtsgeschenke. 

immer noch da? Na gut:

Tag 3, Morgens
Inzwischen esse ich auch Frühstück bei Doña Ola. Mein neuer bester Freund, der siebenjährige Daniel sitzt neben mir. Wir spielen „Vier gewinnt“ und „XXO“. Warum er nicht in der Schule ist, verstehe ich zwar nicht ganz, aber naja. Bei diesem Thema wird er immer etwas einsilbig und nuschelig. Er hat auf jeden Fall Talent die Spielfelder in mein Notizbuch zu zeichnen. Ab und zu fordert er mich auf ihn gewinnen zu lassen und so ist der Spielstand recht ausgewogen.
Mein persönlicher Tourguide Yeisson kommt vorbei. Er fragt mich, was ich heute machen will. Eine berechtigte Frage. Denn heute ist mein letzter voller Tag hier. Da mein Budget aufgebraucht ist, und es hier keine Geldautomaten gibt, muss ich morgen zurück nach Cali. Ich schaue auf den Zettel von Carolina. Ballenas (zu deutsch: Wale) kann man hier sehen. Das Wasser ist an dieser Stelle des Pazifiks durch eine warme Meeresströmung so warm, dass riesige Blauwale zum Austragen ihrer Jungen hierher kommen. Leider endet die Saison Ende Oktober, so dass ich genau wie der liebe Kommentar-Frieder in seinem Island-Urlaub wieder keine Wale sehen werde.

 

Hmmm … Tortugas (zu deutsch: Schildkröten) kann man hier beobachten. Ich frage Yeisson, ob wir einen Ausflug zu den Schildkröten machen können. Er überlegt kurz, verschwindet und kommt eine Minute später zurück. Mit einer kleinen lebenden Schildkröte in der Hand. Ob ich die essen mag, fragt er mich. Doña Ola könnte sie mit leckerer Soße zubereiten. Ich lehne dankend ab.

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Hmm … Indigenas (zu deutsch: indigene Völker/ Urvölker) Das wäre doch vielleicht etwas. Für die große Tagestour reicht mein Budget nicht mehr, aber im Nachbardorf Ladrilleros soll es auch eine kleine Siedlung geben. Abgemacht. Yeisson, der laut meiner Vermieterin Yolanda auch ein guter Junge ist, wird uns führen. Und Daniel wird auch mitkommen. Der kleine freut sich.

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15 Minuten später,
Auf der dunklen Haut meiner Begleiter sieht meine Sonnecreme mit Lichtschutzfaktor 50 schon witzig aus. Aber Yolanda hat uns extra gesagt, dass wir uns eincremen sollen. Sie hat mir auch noch eine Sonnenmütze mitgegeben. Daniel ist vergnügt. Unsere Gruppe hat sich um eine weitere Person erweitert. Ein ca 10 Jahre alter Cousin von Daniel ist auch mit dabei. Wir schlendern am Strand an traumhaften Ferienhäusern vorbei. Zu Weihnachten und im Januar gibt es hier viele Touristen. Nur jetzt halt nicht.
Plötzlich gibt es Streit zwischen Daniel und seinem Cousin. Daniel fängt zu weinen an. Yeisson erklärt mir die Situation: Der Vater von Daniel hat ihm nicht erlaubt das Dorf zu verlassen. Doch Daniel versteht diesen plötzlichen Wandel der Situation nicht. Ich ehrlich gesagt auch nicht, aber wenn der Vater das so gesagt hat, muss Daniel wohl gehorchen. Ich versuche ihm ruhig und vernünftig zu erklären, dass er doch nicht mitkommen kann. Er weint weiter. (An dieser Stelle muss ich mal meinen vollsten Respekt an alle Eltern im Freundeskreis aussprechen, stellvertretend: Yasmin&Paul, Birthe&Jörn und Laura&Johannes) Ich versuche Daniel mit Kokada zu bestechen. Er weint weiter. Wir gehen ein Stück weiter. Er kommt uns hinterher und weint weiter. Da die anderen beiden Kindern keine pädagogische Hilfe sind, spreche ich mit ihm jetzt im lauten bestimmten Ton. Er weint auch ein bisschen lauter. Wir gehen wieder weiter. Er kommt uns weinend hinterher. Wir rennen über den Strand. Er bleibt lauthals weinend zurück…

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Der Rest des Tages ist schnell erzählt: wir wandern nach Ladrilleros. Dort sehe ich die zwei Indigena-Häuser, die es gibt. Das Ganze ist eher eine Art Marketing-Außenposten für die Ganztagestour zu den Indigenas, für die es aber jetzt auch schon zu spät ist. Dann treffe ich weitere weiße Touristen: Drei blonde deutsche Studentinnen (schon verrückt, dass wirklich alle deutschen Touristinnen, die ich in Kolumbien getroffen habe, blond waren. Als ob sie in geheimer Mission unterwegs wären, das deutsche Klischeebild nach Kolumbien zu tragen). Ich verabrede mich mit ihnen für später zum Abendessen bei Doña Ola. Dann spiele ich mit Yeisson etwas FIFA in einem Spielegeschäft. (Oh Mann, bin ich schlecht bei Konsolenspielen) Ich gehe zum Strand von Ladrilleros, der mich nicht beeindruckt (Für mich ist völlig unverständlich warum sich Touristen hier niederlassen, wenn La Barra nur eine Stunde Fußmarsch entfernt ist.) Ich verliere die Sonnen-Mütze von Yolanda und verbringe knappe zwei Stunden an allen Orten in Larilleros nach ihr zu suchen. Erfolglos. Dann ziehe ich mit den Jungs zurück nach La Barra. Immerhin ist meine Handwäsche jetzt trocken und Yolanda ist wegen der Mütze zum Glück nicht sauer. Die drei Deutschen kommen vorbei und sind wie erwartet von der Soße begeistert. Dann fängt es wie jede Nacht zu Regnen an (Das ist wohl ein klimatisches Phänomen, dass mit Ebbe und Flut zusammenhängt, und dafür sorgt dass es zu dieser Jahreszeit nur nachts regnet) Die armen Mädchen müssen eine Stunde im Regen zurück laufen. Ich gehe schlafen und mache meine Ohropax rein, um von dem lauten Regen nicht gestört zu werden.

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Letzter Tag, Morgens bei Doña Ola
Ich war noch einmal im Pazifik schwimmen. Allein. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Daniel vielleicht da ist. Aber da war nur dieser streunende Hund, den ich, nach dem er mich so lange mitleidig angeschaut hatte, mit ein paar Kekskrümeln gefüttert habe. Für Daniel hab ich von meinem letzten Geld extra eine neue große Packung Kekse gekauft. Da wird er sich freuen. Ich esse heute Fisch mit Kokossoße zum Frühstück. Komisch … So viele Kinder spielen auf dem Hauptweg, aber nirgendwo ist Daniel. Yeisson ist da. Er weiß auch nicht wo der Kleine ist. Ich nutze letztmalig seinen Service als Tourguide. Wir laufen durch das Dorf auf der Suche nach Daniel. Doch in seinem Haus ist niemand. Yeisson gibt mir eine exotische Frucht, die ein bisschen wie eine überdimensionierte Schote aussieht und die süß schmeckt, wenn man sie kaut. Wir suchen weiter. Eine Frau meint, dass er zuletzt in dem Lädchen an der Ecke war. Doch da treffen wir nur seinen Cousin. Vor fünf Minuten hat er ihn zuletzt gesehen. Jetzt wird er wohl irgendwo am Strand spielen sein. Doch auch da finden wir ihn nicht. Ich schaue auf die Uhr und realisiere, dass ich jetzt wirklich los muss, um meine Fähre in Juanchaco nicht zu verpassen. Eine Stunde muss ich für den Weg nach Ladrilleros rechnen. Ich werde mich wohl nicht mehr von meinem lieben Freund Daniel verabschieden können…
Ich bedanke mich bei Yolanda für die Gastfreundschaft und bei Doña Ola für die leckersten Mahlzeiten meines Kolumbien-Urlaubs. Den Biche werde ich Carolina als Gastgeschenk mitnehmen. Und die Kekse? Die bekommt Yeisson, damit er sie mit lieben Grüßen an Daniel weitergeben kann.

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Ich bin allein, als ich durch den vom Regen der letzten Nacht aufgeweichten, schlammigen Weg von La Barra nach Ladrilleros laufe. Der einzige weiße Tourist.

THE REAL END? (really?)

Über Enden: Ja, dieses Ende ist irgendwie traurig. Aber ist es, nur weil es das letzte ist, was chronologisch passiert, wirklich das Ende? Auch nach dem „wirklichen Ende“ dieser Geschichte, gehen die Geschichten von Yeisson, Daniel und mir weiter. Und vielleicht geht ja sogar diese Geschichte weiter. Schließlich ist sie ja da. Draußen im Internet. Und jeder der will, kann sie lesen. Und vielleicht ändert die Tatsache, dass es diese Geschichte gibt, ja den Lauf der Geschichten von Yeisson, Daniel und mir. Vielleicht treffen wir uns in ein paar Jahren auf einen Kaffee am Brandenburger Tor, oder wir sehen gemeinsam einen riesigen Blauwal aus nächster Nähe.

„Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende.“ Zitat von Oscar Wilde

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